Beleidigung rechtfertigt fristlose Kündigung
lk Hitzacker. In ihrem heutigen Beitrag ihrer Serie „Mietrecht aktuell“ beschäftigt sich Fachanwältin Barbara Schneeberg aus Hitzacker mit folgendem Fall: Die Mieterin bewohnte seit 1997 verschiedene Wohnungen im Mehrfamilienhaus des Vermieters. Seit Herbst 2018 hatte der Vermieter die Mieterin mehrfach wegen Störung des Hausfriedens abgemahnt und den Abmahnungen jeweils ein Beschwerdeprotokoll der Mitmieter beigefügt. Außerdem wurde der Mieterin die fristlose Kündigung angedroht. Im Sommer 2019 hatte der Vermieter das Mietverhältnis fristlos gekündigt. Vorausgegangen war eine erneute Abmahnung unter anderem wegen Beleidigung eines Mitmieters als „fette Sau“ und „fettes Schwein“. Im November 2019 wurde eine weitere fristlose Kündigung ausgesprochen, da die Mieterin andere Mitmieter ebenfalls als „Schwein“ bezeichnet hatte. Der Vermieter erhob nach Fristablauf beim Amtsgericht Neustadt/Rübenberge Räumungsklage.
Die Entscheidung: Die Klage des Vermieters hatte Erfolg. Dem Vermieter ist ein Festhalten am Mietverhältnis wegen der zahlreichen Beleidigungen der Mieterin gegenüber den Mitmietern nicht mehr zuzumuten. Dies insbesondere, weil die Mieterin geäußert hat, den Mitmieter/Zeugen auch künftig nur noch als „Schwein“ zu bezeichnen. Das Gericht führte eine umfangreiche Beweisaufnahme durch, in der die Mieterin die Beleidigungen nicht bestritt, sondern sich damit verteidigte, dass der von ihr als „Schwein“ bezeichnete Mieter sie doch auch mal als „Schlampe“ bezeichnet habe. Das Gericht führte aus, dass die Beleidigung eine Straftat ist und damit zugleich eine Vertragsverletzung, wenn sie gegenüber dem Vertragspartner (Vermieter) oder gegenüber einem anderen Hausbewohner verübt wird.
Die Beleidigungen der Mieterin sind als erhebliche und wiederholte Vertragsverletzungen gegen die Pflichten aus dem Mietverhältnis zu qualifizieren. Dies erst recht, weil es sich nicht um eine einmalig gebliebene Unbeherrschtheit der Mieterin gehandelt hatte, da sie zu zahlreichen Anlässen den Zeugen als „Schwein, Nazischwein, fettes Schwein“ und ähnliches bezeichnet hat. Da die Mieterin sogar geäußert hatte, dass sie den Zeugen künftig nur noch „Schwein“ nennen werde, weil er wie ein Schwein aussehe, handelt es sich nicht um eine bloße Unhöflichkeit, sondern um eine erhebliche Beleidigung, die gemäß § 185 StGB strafbar ist. Im vorliegenden Falle wäre sogar aufgrund der erheblichen Beleidigungen eine vorherige Abmahnung entbehrlich gewesen, weil das zerstörte Vertrauen durch eine Abmahnung nicht wieder hergestellt werden kann. Gleichwohl sicherte der Vermieter sich ab und sprach mehrere schriftliche Abmahnungen wegen der Störung des Hausfriedens aus. Im Übrigen handelte es sich hier nicht nur um einen einmaligen Vorfall, so das AG Neustadt/Rübenberge in seinem Urteil vom 28.10.2020, sondern die Mieterin hatte die einzelnen Beleidigungen mehrfach wiederholt.
Hinweis: Konsequenz dieses Urteils ist, dass derjenige, der sich nicht in die Hausgemeinschaft einfügen will beziehungsweise den Hausfrieden nachhaltig stört, mit einer fristlosen Kündigung zu rechnen hat. Selbst aufgrund der aktuellen Pandemie im Herbst 2020 war der Mieterin nur eine kurze Räumungsfrist zu gewähren, da ihr Verhalten ursächlich für die Kündigungen war.
Die Serie wird fortgesetzt.