Eigenbedarfskündigung für Seniorenstudium?
bsc Hitzacker. In ihrem heutigen Beitrag für unsere Serie „Mietrecht“ aktuell geht Fachanwältin Barbara Schneeberg aus Hitzacker folgendem Fall nach: Das Mietverhältnis einer langjährigen älteren Mieterin wurde von ihrem Vermieter gekündigt. Der Vermieter berief sich dabei auf Eigenbedarf. Er behauptete, dass er die Wohnung in Berlin im nächsten Jahr zwecks Durchführung eines zeitlich unbegrenzten Seniorenstudiums benötigen würde. Dabei handelte es sich um eine Kombination der Fächer Kunst, Musik, Stadtökologie und Recht. Dieses mindestens viersemestrige Studium würde in dieser Form nur in Berlin angeboten. Die Mieterin war jedoch damit nicht einverstanden und widersprach der Kündigung. Der Vermieter verklagte sie daraufhin auf Räumung, hatte jedoch mit der Klage keinen Erfolg. Das Amtsgericht Pankow/Weißensee wies die Klage ab.
Die Entscheidung: Das Landgericht Berlin schloss sich der Entscheidung des Amtsgerichts Pankow/Weißensee an und wies die Berufung des Vermieters zurück. Die Richter begründeten die Zurückweisung der Berufung damit, dass der Vermieter nicht hinreichend glaubhaft gemacht hatte, dass er die Wohnung zwecks Durchführung seines Studiums benötigt. Der angebliche Wohnbedarf wurde nach Auffassung des Gerichts nicht hinreichend konkret geltend gemacht, sondern erschien vielmehr nur als vorgeschoben. In den von dem Vermieter vorgelegten Anmeldeunterlagen waren andere Fächerkombinationen aufgeführt, nämlich zwei Vorlesungen in Philosophie und juristische Methodenlehre und nicht die Fächerkombinationen, die er in der Eigenbedarfskündigung aufgeführt hatte. Dabei stellte sich heraus, dass der Vermieter die erst angegebene Studienkombination gar nicht belegen konnte und zusätzlich keinen Studienplan vorlegen konnte. Ebenso stellte sich heraus, dass er nur eine Zulassung zu einem Seniorenstudium für zwei Jahre als Gasthörer erhalten hatte. Außerdem konnte er nicht aufzeigen, dass er sich über die Möglichkeiten in Berlin für die Durchführung eines Seniorenstudiums hinsichtlich der Zulassungsvoraussetzungen genau informiert hatte.
Letztendlich kamen dem Gericht auch deshalb Zweifel am behaupteten Wohnbedarf, da der Vermieter eingeräumt hatte, dass es sich um eine problematische Mieterin handeln würde. Das Landgericht Berlin stellte klar, dass die vage Absicht, ein Studium aufzunehmen, nicht ausreicht, um sich auf Eigenbedarf in der Kündigung zu berufen. Hierfür muss sich dieser Nutzungswunsch hinreichend verdichtet haben und es muss deutlich werden, dass konkretes Interesse an einer alsbaldigen Nutzung der Wohnung besteht.
Hinweis: Manche Vermieter sehen eine Kündigung wegen Eigenbedarfs als gute Möglichkeit an, um unbequeme Mieter loszuwerden. Mieter sollten daher rechtlich sorgfältig überprüfen lassen, ob die in der Kündigung angegebenen Gründe nur als Vorwand dienen. Im vorliegenden Fall hatte sich der Vermieter laufend in Widersprüche verwickelt. Er konnte keine konkreten Details über das geplante Studium vorlegen und konnte nicht belegen, dass er die behauptete Anmeldung auch wirklich durchgeführt hatte. Dem Mieter wäre noch in diesem Falle zu raten gewesen, dass er Anzeige gegen den Vermieter wegen Betrugs gemäß § 263 StGB stellt, aufgrund vorgeschobenen Eigenbedarfs, da er in diesem Falle einen Anspruch auf Schadensersatz hat. Die Serie wird fortgesetzt.