Führung mit einer Legende: Mit Umweltaktivist Ernst Paul Dörfler am Wittenberger Elbufer
kek Wittenberge. Es nieselte am Sonnabendvormittag. Aber diejenigen, die zum Treffpunkt nahe der Elbe gekommen waren, hielt das Wetter nicht ab. Denn angereist war Ernst Paul Dörfler, der als Umweltaktivist längst eine Legende ist – und der sich wie kein Zweiter mit der Elbe auskennt.
Ein Spaziergang entlang des Flusses war angekündigt worden, aber stattdessen gab es immerhin eine Wanderung zum Flussufer auf die nächstgelegene Buhne.
„Warum gibt es hier Steine?“, fragte dazu eine kleine Besucherin. „Eine ganz berechtigte Frage“, meinte dazu der Ökologe, so wie sich der 72-Jährige selbst bezeichnet. Die Buhnen, so war zu erfahren, wurden vor rund 150 Jahren gebaut, um den Schiffsverkehr zu optimieren. „Denn sie zwingen das Wasser dazu, schneller zu fließen.“ Nur inzwischen hat der etwa fünf Stundenkilometer schnell fließende Fluss Nachteile mit sich gebracht wie das mit einem Verlust der Auenlandschaft einhergehende Auswaschen des Bodens und eine damit nachfolgende Verringerung der Artenvielfalt der Fische. Diese gäbe es zwar, bedingt durch verschiedene Projekte wie das Aussetzen von Jungfischen, wieder, „aber zum Vermehren brauchen viele Arten, wie beispielsweise der Hecht, Auenlandschaften, in denen das Wasser steht und die immer mal wieder überschwemmt werden können“. Und auch dieses ist nicht mehr gegeben, „denn früher traten regelmäßig Winter- und Frühjahrshochwasser auf, und wir beobachten stattdessen, dass die Elbe immer mehr zurückgeht“.
Das wiederum hat Folgen für die Vogelwelt, die dazu auch durch die gestiegenen Temperaturen im Wandel ist. „Die Zugvögel kommen früher, aber nicht der Kuckuck. Und wenn der da ist, brüten seine Wirtsvögel schon, und er schafft es nicht mehr, ihnen Eier ins Nest zu legen!“
Überhaupt war der „Wandel“ und die sich verändernden Lebensbedingungen der letzten Wochen Thema des Vortrages, den der Umweltaktivist geschickt zu einem Dialog mit etwa 20 interessierten Gästen umwandelte. Auf die Frage des in Steckby bei Zerbst lebenden Buchautors, was man denn nun tun könne, um dieser Entwicklung sinnvoll entgegenzutreten, gab es die verschiedensten Antworten. Sie reichten vom Anbau im eigenen Garten und der „Biokiste“ über das „Reparatur-Café“ und dem Saatgut-Tausch bis hin zum Zusammenhalt im eigenen Dorf. Womit damit eindeutig die Frage auf Ernst Paul Dörflers Webseite „Wo lebt es sich nachhaltiger: in Steckby oder in New York?“ beantwortet wurde. „Diese Zeit ist für uns alle eine Chance, um kreativ zu werden“, kommentierte der Umweltschützer. Bereits in seinem 2021 erschienenen Buch „Aufs Land“ zeigt der Autor Wege aus der von der Monokultur geschaffenen Klimakrise und beleuchtet kritisch den Konsumzwang. Dabei verfällt der 1978 promovierte Chemiker und Mitbegründer der Grünen 1989 in der DDR, der im darauffolgenden Jahr als Bundestagsabgeordneter wirkt und damals schon darauf hingewiesen hat, den Weg der Nachhaltigkeit zu gehen, nicht in Pessimismus.