Hanflabyrinth als politisches Statement

Gerne verlaufen, aber nicht rauchen: Irrgarten in Marleben auf zweieinhalb Hektar

bv Marleben. Drei bis vier Meter hohe Hanfpflanzen, so weit das Auge reicht, recken sich auf einem Acker in Marleben in den Himmel. Zimmermann Fabian Grossmann hat dort auf zweieinhalb Hektar Lüchow-Dannenbergs erstes Hanflabyrinth angelegt – und die Gäste strömen. Thore Peich aus Lüchow nutzt den Sonntagnachmittag mit seiner Familie für einen Ausflug, die drei Töchter sind schon ganz aufgeregt.

Zuvor weist Ingrid Grossmann die Familie in die Feinheiten ein. Die Mutter von Hofbesitzer Fabian Grossmann ist extra aus Baden-Württemberg angereist, um ihrem Sohn mit dem Labyrinth zu helfen. Ihr Sohn habe vor vier Jahren den Hof in Marleben gekauft und dort den Kulturverein Vielfalter gegründet. Das Hanflabyrinth ist eine der Kunstaktionen des Vereins, der das „Kunst- und Kulturangebot für die Menschen in der Region erweitern und ein Verständnis für einen nachhaltigen Umgang mit der Natur vorleben“ möchte.

In schönstem Schwäbisch erklärt Ingrid Grossmann den Töchtern von Familie Peich, dass im Labyrinth falsche Fährten und Sackgassen angelegt wurden. Die Kinder bekommen einen Plan und müssen prüfen, welche Gänge es gibt und welche nicht. Außerdem sind zehn blaue Tonnen mit zehn Stempeln versteckt. Und wer alle zehn Stempel in ein extra dafür vorbereitetes Kärtchen druckt, bekommt am Ende ein Getränk. Die Eltern bekommen wahlweise frischen oder getrockneten Hanf – für Tee. Die Peich‘schen Töchter stürmen los. „Wenn eine Windböe kommt“, rät Ingrid Grossmann, „in dem wogenden Blättermeer kann man tatsächlich seekrank werden. Ich empfehle, einfach zu warten, bis der Wind sich legt. Keine Panik!“

Schmale Gänge führen durch das Dickicht, es gibt viele Wege und einige Sackgassen. Man kann sich hier locker verlaufen. Für den Fall gibt es eine Notfall-Nummer, die man anrufen kann – dann wird man per Drohne gesucht und gerettet. „Aber ich sage immer: Das ist kostenpflichtig, damit kein Unfug getrieben wird“, schmunzelt Ingrid Grossmann. Natürlich wäre dieser Ort ein Paradies für Kiffer, wenn es THC-haltige Pflanzen wären. Aber dann würde ein hoher Zaun drumherum stehen, und die Anlage wäre gut bewacht. Das ist in Marleben nicht nötig. Ja, es riecht herrlich, wie eine Besucherin begeistert feststellt, aber man könne „so viel von den Blüten rauchen, wie man möchte – berauschend wirkt es nicht. Davon kriegt man höchstens Kopfschmerzen“, betont Fabian Grossmann.

Das Ganze ist mehr als ein bloßer Spaß. Natürlich sei ein solches Feld auch ein politisches Statement, da es endlich möglich ist, als berechtigter Nutzer Hanf legal anzubauen, betont Grossmann sinngemäß. Denn Hanf ist eine überraschend vielseitige Nutzpflanze und wurde „viel zu lange kriminalisiert“. Hanf liefert neben Fasern für Textilien, Baustoffe und Papier ein wertvolles Öl. Die Samen enthalten 20 Prozent Proteine und essenzielle Fettsäuren, ein wahres Superfood. 600 Liter Hanföl lassen sich aus dem Hanf in Marleben herstellen. Auch ist es Fabian Grossmann wichtig zu zeigen, wie viel man von der umweltfreundlichen Nutzpflanze man auf einer Fläche von zweieinhalb Hektar anbauen kann.

Grossmann wollte ursprünglich aus dem Faserhanf biologischen Dämmstoff herstellen, aber „unsere Firma hat sich so rasant entwickelt, dass wir eine Flock-Dämm-Maschine gekauft haben. Und jetzt gucken, ob wir nicht Jeans aus dem Hanf herstellen können.“ Für Privatpersonen sei es ak­tuell nicht möglich, Nutzhanf anzubauen. Geplant ist, das Hanflabyrinth, das bis letzte Woche geöffnet war, im kommenden Jahr wieder anzubieten.

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