Wie geht es nach dem Freibad-Neubau weiter?

Ehrenamtliche Fahrrad-Selbsthilfewerkstatt Allerrad in Lüchow bangt um Standort

bv Lüchow. Zu einem nagelneuen E-Bike kam Kit, wie Christian Otto von allen nur genannt wird, durch einenZufall. „Die Polizei hatte einen Dieb erwischt, der saß aufeinem geklauten Fahrrad“,berichtet der Betreiber derehrenamtlich geführten Selbsthilfe-Werkstatt Allerrad, am Freibad in Lüchow gelegen. Der Geschädigte aber hatte von seiner Versicherung bereits ein neues Fahrrad bekommen. In so einem Fall bekommt die Versicherung das sichergestellte Zweirad ausgehändigt –es ist ja teuer. „Die wollten das aber gar nicht haben“, erinnert sich Christian Otto, „,wir sind eine Versicherung, was sollen wir damit? Geben Sie es anein soziales Projekt‘, schlug die Versicherung der Polizei vor.“ Und da die Polizei das Allerrad kannte, bekam Christian Otto das Fahrrad. „Das habe ichrepariert und verkauft – für 1.600 Euro. Die habe ich an Trotamar III gespendet, die wendländische Flüchtlingsinitiative, die mit einem Segelboot Migranten aus dem Mittelmeer rettet.“

Das ist das Prinzip seiner ehrenamtlichen Fahrrad-Selbsthilfewerkstatt: Nimmt er durch den Verkauf eines Rades Geld ein, spendet er es weiter, an die Flüchtlingshilfe.

Vor mittlerweile neun Jahren hat Otto das „Allerrad“ gegründet. Damals kamen die Geflüchteten vor allem ausSyrien, und er wollte etwasfür sie tun. „Ich flicke schon seit über 30 Jahren Fahrräder. Das ist etwas, das ich gut kann“, erzählte der heute 60-Jährige damals. Er begann, alte, meist gespendete Fahrräder zu reparieren – für und mit den Geflüchteten, und, um die aufgearbeiteten Räder zu verkaufen. Der Grundgedanke war, jeden, der es möchte, mit einem bezahlbaren Fahrrad zu versehen. Und den Erlös zu spenden.

Kit spendet pro Jahr 5.000 Euro an die Flüchtlingshilfe

Im Durchschnitt konnte erbisher zwischen 4.000 und 5.000 Euro pro Jahr weiterreichen, an hiesige Flüchtlingshilfe-Initiativen, etwa an dasCafé Zuflucht, Projekte in Flüchtlingslagern, und derzeit neben der Ukraine vor allem an das Segelschiff Trotamar III. Die Fahrräder sind meistens Spenden von Privatleuten. Das „Allerrad“ hat aber auch schon Räder bekommen, die im Metronom und in Zügen der Nord-West-Bahn geblieben sind. Otto nimmt für die Fahrräder, je nach dem, wie gut sie sind, zwischen 15 und mehreren Hundert Euro. „Wir verkaufen zu fairen Preisen“, betont er. Das hat sich rumgesprochen. Jugendliche oder Fahrradfreaks können im gut bestückten„Allerrad“ mitunter besondere Schätze finden. Und er kann mit besonderen Ersatzteilen aus seinem Fundus weiterhelfen. Der Bike-Shop, berichtet Otto, habe kürzlich einen Schaltgriff für eine SachsPentasport gesucht. Die gibt es seit Jahrzehnten nicht mehr zu kaufen. Christian Otto hat davon noch 20 Stück.

Über 1.000 Fahrräder seien es in den vergangenen neun Jahren gewesen, berichtet Kit, denen er ein zweites Leben verschaffte. Hunderte stehen zurzeit in den Räumen und Umkleiden des ehemaligen Freibads. Und da liegt auch sein Problem: Otto ist in die Räumlichkeiten umgezogen, als die Berufsbildenden Schulen Lüchow abgerissen wurde – dort war die Werkstattvorher. Doch angesichts der geplanten Neustrukturierung des Geländes hat Otto Angst, dass er dort eventuell weichen muss. Er müsste dann mitseinem riesigen Fundus anRädern und Ersatzteilen, der Ausbeute von neun Jahren, umziehen. Aber wohin? Er will sich rechtzeitig Gedanken machen, wie es mit der Werkstatt weitergeht. Geöffnet ist das „Allerrad“ am Freibad in Lüchow immer dienstags von 12.30 bis zur Dunkelheit. Zum Saisonabschluss gibt es einen Tag der offenen Tür: Am Sonnabend, dem 26. Oktober, von 10 bis 17 Uhr.

Avatar-Foto

Redaktion Kiebitz 05841/127 422 vogt@ejz.de

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert