Fachanwältin Barbara Schneeberg aus Hitzacker

Mieter nutzt Schusswaffe

bsc Hitzacker. In ihrem heutigen Beitrag für „Mietrecht aktuell“ beschäftigt sich die Hitzackeraner Fachanwältin Barbara Schneeberg mit folgendem Fall: Die Parteien sind über einen Wohnraummietvertrag verbunden. Der 86-jährige Mieter (Antragsgegner) schoss am 6. Januar einer nicht in der Wohnung lebenden Person mit einer Schusswaffe ins Bein und verletzte diese schwer. Der Mieter wurde in seiner Wohnung von der Polizei vorläufig festgenommen. Gestützt auf diesen Sachverhalt erklärte der Vermieter mit Schreiben vom 9. Januar die fristlose, hilfsweise ordentliche Kündigung und forderte den Mieter auf, die Wohnung unverzüglich he­rauszugeben. Der Vermieter war der Auffassung, es liege eine konkrete Gefahr für Leib und Leben vor allem für die anderen Bewohner des Hauses vor. Außerdem sei er als Vermieter in einem besonders hohen Maße für die Sicherheit der anderen Hausbewohner, Besucher usw. verantwortlich. Vor diesem Hintergrund beantragte er nach Entlassung des Mieters aus der U-Haft beim Amtsgericht (AG) Hamburg die Herausgabe der Wohnung im Wege einer einstweiligen Verfügung. Die Entscheidung: Der Vermieter hatte keinen Erfolg.

Die Vorschrift des § 940a Zivilprozessordnung erfordert als Ausnahmetatbestand („nur“) eine konkrete Gefahr für Leib oder Leben des Antragstellers beziehungsweise von ihm zu schützende Personen. Nur bei Vorliegen einer solchen kann die Räumung von Wohnraum durch einstweilige Verfügung angeordnet werden oder mindestens ein Betretungsverbot für die Wohnung.

Die einstweilige Verfügung kann nicht nur zur Abwehr einer eigenen Gefährdung beantragt werden, sondern auch zur Abwehr von Gefahren für die Hausbewohner, Hausverwalter oder sonstiger Beauftragter. Das AG Hamburg entschied, dass der sofortige Entzug der Wohnung gerechtfertigt sei, wenn die Anforderung an das Vorliegen eines Verfügungsgrundes hoch anzusetzen sei. Bloße Mutmaßungen, Befürchtungen oder Ängste reichten nicht aus.

Das Gericht verkannte nicht, dass von einem Schusswaffengebrauch eine hohe abstrakte Gefährlichkeit ausgeht und sich damit eine abstrakte Gefahr schnell in eine konkrete entwickeln könne. Da der Schusswaffengebrauch innerhalb der Wohnung erfolgte und von ihm nicht der Vermieter oder von ihm zu schützende Personen betroffen gewesen seien, könne von der unzweifelhaft vorhandenen abstrakten Gefährlichkeit des Mittels nicht ohne Weiteres auf eine konkrete Gefahr geschlossen werden. Es liege lediglich eine potenzielle Gefährdungslage vor, so das AG Hamburg am 21. Januar. Sinn und Zweck des § 940a ZPO sei es, einen abgeschlossenen Personenkreis zu schützen. Weiter sei das hohe Alter des Mieters zu berücksichtigen und die Tatsache, dass dieser bereits seit 25 Jahren in der streitgegenständlichen Wohnung lebe.

Hinweis: Der Beschluss des AG Hamburg im einstweiligen Verfügungsverfahren (Eilverfahren) ist schwer nachzuvollziehen. Nach dem Motto: Solange du „nur“ in deiner Wohnung auf Dritte schießt, droht keine sofortige Räumung. Das AG wollte offensichtlich verdeutlichen, dass strafbare Handlungen eines Mieters nicht automatisch zu einem Beschluss auf Räumung führen. Der Vermieter hätte die Dringlichkeit und den Anspruch auf Räumung, um irreparable Schäden abzuwenden, glaubhaft machen müssen. Es verwies den Vermieter auf den ordentlichen Rechtsweg.

Ob der Schutzbereich des § 940a ZPO eröffnet ist, hängt hier letztlich lediglich vom Zufall ab. Hätte sich der Schusswaffengebrauch des Mieters nicht nur auf den Innenraum der Wohnung beschränkt, hätte die Entscheidung zwingend anders ausfallen müssen. Letztlich kann auch das Alter des Mieters, die Beschlagnahme der Waffe und die Aussage des Mieters, keine weitere Waffe zu besitzen, nicht so in die Waagschale geworfen werden. Alle diese Umstände führen nämlich nicht zu einer positiven Prognose für die Zukunft.

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