Umstrittene Schau in Dömitzer Kirche eröffnet
rs Dömitz. Gottes Schöpfung zu zeigen, so wie sie ist, die weibliche Körperlichkeit anzuerkennen – das sind die primären Ziele der Freitag in der Dömitzer Johanneskirche eröffneten Ausstellung „#dreierlei“. Gar nicht einerlei war dies im Vorfeld einigen Menschen, die sich an dem scheinbaren Widerspruch von Kunstform und dem Schauort störten. Die Grenzen zwischen Aktfotografie und der dort wohl vermuteten erotischen Fotografie sind schließlich fließend, den subjektiven Moralvorstellungen des Einzelnen unterworfen. Dabei ist der Akt in der bildenden Kunst ein klassisches Thema; seit der Renaissance gehört das Studium des menschlichen Körpers zur Ausbildung an Kunstakademien.
Aber in einer Kirche? Wie so oft kommt es auf die Form an. Und diese haben die Künstler Peter Warkentin und Ingo Müller (beide Fotografien) sowie Thomas Lehnigk (Skulpturen) in Absprache mit Pastorin Inga Roetz-Millon und ihrem engagierten Kirchengemeinderat hervorragend bewahrt, dabei gesellschaftskritische Akzente gesetzt und sind neue Wege gegangen. Und dies ohne Provokation – manch einer der etwa 50 Besucher der Vernissage hätte sich eine solche gewünscht. Und auch mehr Darstellungen als die gezeigten rund ein Dutzend, meist Halbakte, auf denen vielfach leicht verhüllt und verschleiert Frauen sowohl ihre Verletzbarkeit als auch ihr Selbstbewusstsein darstellen. Werke, die eine große Bandbreite an Emotionen transportieren und Geschichten erzählen.
Begleitet werden Warkentins und Müllers ansprechende Aufnahmen, die zum Teil in der Johanneskirche entstanden, womit sie persönliches Neuland betraten, von einer Vielzahl an Informationstafeln, auf denen zum einen Auszüge aus der Bibel, zum anderen Texte von Roetz-Millon abgedruckt sind. Etwa aus der Genesis „Gott schuf also den Menschen als sein Abbild; als Abbild Gottes schuf er ihn. Als Mann und Frau schuf er sie.“ Oder „Sexualität ist wichtig – nicht nur, um unsere Nachkommenschaft zu sichern. Sie kann erfüllend, vertrauensvoll und aufregend sein. Sie ist Teil von Gottes Schöpfung.“ In ihren einführenden Worten fragte Roetz-Millon: „Wie viel Weiblichkeit ist erlaubt?“ An Darstellungen von halbnackten Männern in der Kirche habe man sich gewöhnt. Doch das Erbe der Jungfrau Maria – das kirchliche Idealbild, das nicht erreicht werden kann – tabuisiere die Sexualität der Frau. Dabei sei Kirche „ein Ort der Gleichberechtigung und des Schutzes“ aller. Es sei an der Zeit, frau in der Kirche zu zeigen. Gleichsam spricht die Pastorin in ihren Texten das gesellschaftlich-verquaste Schönheitsbild der Frau an. Und auch der körperliche Missbrauch von Menschen seitens der Kirche wird thematisiert. Inga Roetz-Millon, die Erwachsenenbildung, Gemeindeentwicklung und kulturelle Projekte als ihre Arbeitsschwerpunkte benennt, sieht die Schau als einen Teil der Gemeindearbeit, die stetes Suchen bedeutet. Man habe den Bildungsauftrag, „neue Formen zu entwickeln, das Wort Gottes zu verkünden“. Gern sehe sie Beiträge zur Ausstellung in der eigens aufgestellten Feedback-Box.
Die interessante Werkschau, die in Zusammenarbeit mit der Aktion kunstheute läuft, ist noch bis zum 7. November – freitags von 15 bis 18 Uhr, sonnabends und sonntags von 12 bis 18 Uhr – zu sehen.