Verpflichtungen in der Pandemie
lk Hitzacker. In ihrem heutigen Beitrag zu unserer Serie Mietrecht aktuell beschäftigt sich Fachanwältin Barbara Schneeberg aus Hitzacker mit folgendem Fall: Nach Erlass der Corona-Verordnung im Bundesland Baden-Württemberg hatte ein weltweit tätiger Gewerberaummieter sein Geschäft zu schließen. Er kündigte an, während der Zeit der Schließung keine Miete für angemietete Geschäftsräume zu zahlen. Der Vermieter forderte den Mieter erfolglos zur Zahlung auf und klagte anschließend die offenen Mieten gerichtlich ein.
Die Entscheidung: Der Zahlungsklage des Vermieters wurde vom Landgericht Heidelberg stattgegeben.
Das Landgericht führte zunächst aus, dass der Gewerberaummieter nicht berechtigt gewesen sei, die monatliche Miete zu mindern. Es begründete seine Entscheidung damit, dass die Tauglichkeit der Mieträume zum vertragsgemäßen Gebrauch nicht eingeschränkt war. Der Erlass der Corona-Verordnung (hoheitliche Maßnahme) bezog sich nicht auf die konkrete Beschaffenheit, den Zustand oder die Lage der konkreten Mietsache.
Maßnahmen, die den geschäftlichen Erfolg des Mieters beeinträchtigen, fallen nicht in den Risikobereich des Vermieters. Auch der Fall der gesetzlich geregelten Unmöglichkeit, mit der Folge, dass die Zahlungspflicht des Mieters entfällt, liegt nach der Entscheidung des LG Heidelberg nicht vor.
Da die coronabedingte Schließung der Geschäftsräume die Nutzungstätigkeit des Mieters, nicht aber die Gebrauchsverschaffungspflicht des Vermieters betrifft, bleibt der Mieter zur Mietzahlung verpflichtet. Eine Vertragsanpassung nach § 313 Abs. 1 BGB kam im konkreten Einzelfall ebenfalls nicht in Betracht. Zwar stellte die Schließungsanordnung eine Störung der Geschäftsgrundlage dar. Unter Abwägung insbesondere der vertraglichen Risikoverteilung kommt jedoch eine Vertragsanpassung allenfalls dann in Betracht, wenn der Mieter eine Existenzgefährdung oder eine vergleichbare unzumutbare wirtschaftliche Beeinträchtigung darlegt und nachweist. Allein der Hinweis auf Umsatzausfälle ist insoweit unzureichend, so das LG Heidelberg in seiner Entscheidung vom 30. Juli 2020.
Hinweis: Grundsätzlich schließt das Landgericht eine Anpassung des Vertrages gemäß § 313 BGB in seinem Urteil nicht aus, weist aber darauf hin, dass eine solche Anpassung nur dann denkbar ist, wenn der Gewerberaummieter eine Existenzgefährdung oder eine vergleichbare wirtschaftliche Beeinträchtigung darlegen und beweisen kann. Den Beweis hatte die große Handelskette nicht erbracht.
Für Kleingewerbetreibende scheint dies auch grundsätzlich denkbar, wobei die Darlegungslast für Mieter hoch sein dürfte und sich nicht auf die Benennung von Umsatzrückgängen beschränken darf. Sofern sich Mieter auf die Gewährung coronabedingter Hilfen berufen, reicht diese Argumentation auch nicht aus, um sich der monatlichen Mietzahlungen zu entziehen. Die Serie wird fortgesetzt.