Lokale Bräuche zwischen den Jahren
lk Lüchow. Zwischen Weihnachten und Neujahr wird die Dämonenwelt entfesselt, so glaubte man einst im Wendland. Undine Stiwich, Leiterin des Lüchower Stadtarchivs, ist Kennerin der historischen Sitten und Bräuche in der einst slawisch besiedelten Region. Für die Leserinnen und Leser des Kiebitz hat sie einige notiert:
„Der Klaasbuer, eine Dämonengestalt, soll in den Tagen vor Weihnachten gespukt haben. Dabei habe er eine Maske aus Ziegenfell und einen langen weißen Bart getragen. Um seinen langen Mantel war ein Strick gewunden. An diesem Strick hing ein großer Sack. Laut grölend sei er von Hof zu Hof gegangen und sammelte Gaben ein. Kinder, die abends noch draußen waren, wurden deshalb ins Haus getrieben.“
Desweiteren: „Alle Gegenstände, die ausgeliehen waren, mussten bis Weihnachten zurückgegeben werden. Zwischen Weihnachten und Neujahr durfte nichts Weiteres ausgeliehen werden. Zudem sollte man nicht waschen, da dies sonst das Unglück hätte bringen können.“ Auch sei der Verlauf der Christnacht für den wendischen Bauern einflussreich auf das kommende Jahr gewesen: „Der Bauer achtete sehr darauf, aus welcher Richtung der Wind wehte. Egal ob am Tage oder in der Nacht, wenn der Bauer bei gleichem Wind sein Getreide aussähte, gedieh es prächtig, meinte man. Eine dunkle sternenlose Christnacht hingegen verhieß nichts Gutes, es hätte ein nasses, unfruchtbares Jahr werden können. Um dem vorzubeugen, merkte der Bauer sich den Wochentag und Wind beim ersten Schnee, um dann bei gleichem Wind und Wochentag auszusähen.“
Am Heiligen Abend habe das Vieh reichlich Futter erhalten. In einigen Dörfern hätten die Tiere sogar Bohnen und Grünkohl zu fressen bekommen. „Die Bedeutung liegt nahe, Fruchtbarkeit und Gesundheit für die Tiere.“ Hühner seien mit dem Hahn in einen abgesteckten Kreis gelassen und darin mit Nesselsamen gefüttert worden. So sei gewiss gewesen, dass der Hahn fleißig seine Hühner trat und diese wiederum viele Eier legten. „Wollte man eine Missernte verhindern, sollte alles Getreide vom letzten Jahr bis Neujahr verfüttert werden“, führt Stiwich weiter aus. Und man glaubte sogar, dass die Tiere am Heiligen Abend sprechen könnten. „Der Legende nach habe der Bauer dadurch erfahren, was auf dem Hof nicht in Ordnung war.“
Für den eigenen Nachwuchs habe der Heilige Abend auch eine besondere Bedeutung gehabt: „Wer an diesem Tag geboren, werde ,hellsüchtig’. Immer, wenn diese am 24. Dezember später vor die Tür gingen, hätten sie in die Zukunft des Dorfes sehen können.“ Bis zum Heiligabend sollte man dem Aberglauben nach alle Löcher und Ritzen im Haus verstopfen, um Dämonen und Unnererdsche (Zwerge) nicht hereinzulassen, damit sie dort keinen Schabernack treiben konnten. Zudem meinte man, dass das Kartenspielen zwischen Weihnachten und Neujahr tunlichst vermieden werden sollte, weil dann der Teufel mitspiele. Auch sollte in den Tagen zwischen Weihnachten und Neujahr nicht gearbeitet werden, alles, was man dann anfing, würde nicht gedeihen.