bm Lüchow. Die Tabelle in Reimund Schoppmanns Büchlein ist mit vielen unterschiedlichen Zahlen gefüllt. In einer Spalte stehen akribisch aufgelistete Blutdruckwerte, in den anderen Spalten sind Zählungen von Flaschen, Dosen und Plastikmüll zu lesen. „Wer das zum ersten Mal sieht, wundert sich sicherlich, denn auf den ersten Blick ist kein Zusammenhang zu erkennen“, erklärt Ehefrau Bettina Knufmann mit einem Schmunzeln. Den gebe es im Grunde auch nicht: Der leicht erhöhte Blutdruck sei der Grund für eine vor acht Jahren neu entdeckte Leidenschaft ihres Mannes gewesen. „Um einen Überblick zu haben, habe ich meine Werte immer in einer Tabelle eingetragen“, erzählt der mittlerweile 86-Jährige. Um keine Tabletten nehmen zu müssen, habe er sich überlegt, regelmäßig Fahrrad zu fahren. Dabei sei ihm aufgefallen, wie viel Müll und Pfand an den Straßenrändern und in der Natur herumliegen würden. „Und in meinem Buch waren neben den Blutdruckwerten noch einige Spalten frei. Ich habe dann angefangen, den Müll einzusammeln und alles, was ich gefunden habe, systematisch in die Spalten einzutragen“, blickt der Lüchower zurück. Allein im vergangenen Jahr habe er 2.078 Flaschen und Gläser sowie 381 Dosen eingesammelt. Davon seien etwa zehn Prozent Pfandware. Bei den Dosen gebe es allerdings eine Einschränkung, denn: „Es sind hauptsächlich polnische Dosen.“
Der Durchschnitt an gesammelten Flaschen in den vergangenen acht Jahren liege bei 1.979. „Es ist also leider kein Rückgang zu verzeichnen.“ Immerhin „verdiene“ er bis zu 20 Euro im Monat an eingesammelten Pfandflaschen und -dosen. „Ich habe extra ein größeres Waschbecken in der Garage einbauen lassen, weil Reimund alles sauber macht. Er ist sehr gründlich“, erläutert Bettina Knufmann. Auch eingedrückte Pfanddosen würde er mit einem Schraubenzieher wieder in Form bringen, damit der Pfandscanner diese erkennt.
„Sogar Tierleichen
Bis zu 40 Kilometer fahre er täglich mit dem Fahrrad. Im Wesentlichen im östlichen Kreisgebiet. Bis nach Gartow. In der Regel fahre er die Strecke mit seinem E-Bike ab und sichte schon einmal die Mülllage. Anschließend setze er sich auf sein „neues, aber altmodisches Fahrrad“, wie er sagt und fahre die Strecke ab, um alles einzusammeln. Mit im Gepäck: zwei Seitentaschen, ein Fahrradkorb, der vorne am Lenker angebracht ist, sowie ein 60-Liter-Müllsack. „Eine Greifzange habe ich auch dabei, denn alles mag man nicht anfassen.“
Neben den Flaschen, Dosen und dem Plastikmüll habe er schon viel gefunden. Sogar Hunde- und Katzenleichen. „Unverständlich, die Leute entsorgen die einfach. Vorwiegend an der Jeetzel.“ Aber auch in Plastik abgepacktes Fleisch würden die Menschen einfach in der Umwelt entsorgen. „Erst billig gekauft und dann weggeschmissen.“ Im Grunde „räume er nur für die Tiere auf“. Denn diese würden an die Fleischverpackungen gehen und dann das Plastik mitfressen.
Von dem Pfandgeld kaufe er sich regelmäßig alte Bücher im Dannenberger Antiquariat. Sein Wunsch sei es, einmal jemanden beim Wegwerfen zu erwischen. Das Sammeln und Sichten habe aber einen guten Nebeneffekt: Die Blutdruckwerte seien gesunken.