Entrückt vom Boden

Kenners weihen Baumhaushotel ein

bv Dübbekold. Er sei häufig und gerne im Wendland, versicherte Niedersachsens Umweltminister Christian Meyer (Grüne) vergangene Woche in Dübbekold: früher, um gegen den Castor zu demonstrieren, und heute, um ein „einzigartiges Tourismusprojekt – einladend, nachhaltig und ökologisch“ – einzuweihen. „Das Wendland ist einfach eine sehr schöne Region“, und das neue Baumhaushotel von Barbara und Kenny Kenner, das mit einer großen Feier eröffnet wurde, sei „in vielerlei Hinsicht wegweisend“, sagte der Minister: „Wir feiern heute das Ergebnis einer guten Idee.“

Diese gute Idee baute sich vor den über 100 geladenen Gästen, darunter Lieferanten, Handwerker und Honoratioren, in einem lichten Wäldchen neben dem Hotel Kenners LandLust auf: Auf Stelzen errichtet, sind auf dreieinhalb Metern Höhe innen wie außen individuell gestaltete Räume entstanden – zehn Doppelzimmer und zwei Suiten.

Architektonisch reizvoll gestaltet, fügen sich die außergewöhnlichen Bauten harmonisch in das leuchtende Grün der überaus friedlichen Umgebung ein.

Neben den Baumhauszimmern gibt es einen Waldklimapfad, eine Wolfsinfostation sowie individuelle Bäder. Gleichermaßen einladend und konsequent nachhaltig, weise der naturnah ausgerichtete Bau einen Weg in die touristische Zukunft, lobte Minister Meyer. Er selbst finde die Wolfsinfostation sehr gut, betonte der Umweltminister: „Ein wichtiges Thema, wo mehr Sachlichkeit und Fachwissen gebraucht wird.“

„Wir haben einen sehr intensiven und mutigen Prozess durchschritten. Das ganze Spektrum des Lebens spiegelt sich in so einem Projekt wieder“, betont Architekt Christoph Luther-Mosebach. „Permanent mussten wir improvisieren und Lösungen neu erfinden, für unseren echt komplizierten Entwurf“. Denn: „Eine Flachdachschachtel auf Stelzen, das wäre für mich in einem lebendigen Waldsystem keine Lösung. Das wäre für mich eine brachiale Orthogonalisierung der Sphäre“.

Zu umfassend seien „die Gegebenheiten, die Luftbewegung, die Baumkronen mit dem vielfältigen Leben, das Entrücktsein vom Boden – und die Möglichkeit, Räume der Erholung, des Zusichkommens zu bauen“, freute sich Luther-Mosenach: „Mit Schönheit Räume des Friedens zu schaffen – was für eine wertvolle Aufgabe. Dafür galt es eine Form zu finden, die sich einfügt in all diese Bedingungen.“

Der Architekt, unterstützt von seiner Nichte, der Architektin Lotte Luther-Mosenach, fand sie mit den, wie er es nennt, „tanzenden Dächern“. Anschließend habe das Team mehrere 1:1-Grundrissmodelle gebaut und die Lage der Häuser auf dem Waldboden zwischen den Bäumen erforscht. „Ich habe bei meinen Bauten schon immer das Element Beton auf das nötigste reduziert. Bei den Baumhäusern war eine verträgliche Gründung Programm. So haben wir Schraubfundamente verwendet, was uns eine zähe Tour durch Vorschriften, Windlasten und Bodenbeschaffenheit einbrachte, den sensiblen Waldboden aber optimal schützte.“

Prof. Dr. Stefan Schaltegger von der Leuphana-Universität Lüneburg betonte, dass gerade der Tourismus als Boombranche die planetaren Grenzen berücksichtigen müsse. „Zu den wichtigsten Grenzen gehören der Klimawandel und der Biodiversitätsverlust. Dieses Projekt verbindet diese beiden Aspekte auf nachhaltige Weise und ist somit ein Leuchtturm für die ganze Branche.“

Landrätin Dagmar Schulz lobte die „deutschlandweit einzigartige“, dabei äußerst gelungene architektonische Umsetzung durch die Architekten Christoph und Lotte Luther-Mosebach. Die wendländischen Rundlinge seien „Teil unseres kulturellen Erbes“, so Schulz. Kenners hätten diese Rundlinge aufgegriffen und sprichwörtlich auf eine andere Ebene gehoben. „Wir haben nun Rundlinge auf Bäumen – das ist wie Heimat 2.0.“

Avatar-Foto

Redaktion Kiebitz 05841/127 422 vogt@ejz.de

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert