Tage der Industriekultur in Malliß: Exkursion zum Marien-Stollen
bv Malliß. An den Tagen der Industriekultur führte Carola Borchers eine Gruppe Interessierter zu einem besonders verwunschenen Ort: dem ehemaligen Ziegeleihafen mit dem verwitterten Frachtschiff „Wilhelmine“. Der Bahnhofstraße in Malliß folgend, liefen die Wanderer am vergangenen Wochenende unter Führung der stellvertretenden Bürgermeisterin von Malliß auf ein Kanalkreuz zu: Dort treffen sich zwei mit dem Fluss Elde verbundene Stichkanäle. Der eine führt zur ehemaligen Ziegelei, der andere verläuft neben der Bahnhofstraße und zweigt in den Wald ab.
Am Wendebecken führt ein Hohlweg zum Mundloch des Marien-Stollens. Über diesen 1875 in Betrieb genommenen Stollen und benachbarte Schächte wurde einst unter Tage Braunkohle abgebaut. Getreidelte Lastkähne brachten auf den Kanälen Holz und Ziegelsteine zu dem Stollen, transportierten so die Kohle ab. Sie wurde in der Ziegelei und in anderen Betrieben an der Elde verheizt. Außerdem diente der Marien-Stollen der Entwässerung der Kohlengrube. Ständige Wassereinbrüche führten aber 1908 zu seiner Stilllegung.
Geprägt wurde Malliß durch seine industrielle Vergangenheit. Deswegen sucht man den typischen Dorfcharakter vergeblich. Über Salz- und Kohlebergbau entstanden Ziegeleien, eine Pappfabrik, Sägewerke bis hin zu einem großen Spanplattenwerk mit 300 Beschäftigten. Gesammelte Text- und Fotodokumente sowie kleine Erinnerungsstücke findet man im Informationszentrum Mallißer Industriekultur (MIK), neben digitalisierten Ton- und Filmaufnahmen, die zum Teil auf der Bürgerplattform www.elbe505.de schon veröffentlicht sind. Die örtlichen Wissensträger der Mallißer „Chroniker“ geben vor Ort Auskunft über die Entwicklung der Kulturlandschaft und zeigen auf geführten Erlebnistouren zu Fuß oder per Rad, wie sich die Natur, entlang der Bergbaukanäle, ihren Lebensraum zurückerobert.
Solch eine Tour führte die Interessierten zu den Überbleibseln des Braunkohlenbergbaus, den es in der Region seit 1817 gegeben hat. In dem etwa 120 Hektar großen Grubenfeld wurde das schwarze Gold des Wanzeberges mit Unterbrechungen bis 1960 gefördert. Die Schächte reichten bis zu etwa 60 Meter tief. Dazu gehörte auch der 1922 aufgefahrene Stollen Conow I mit dem Mundloch an der Ludwigsluster Straße. Gebäude an der Straße Am Bergwerk, weitere Relikte und gefährliche Tagesbrüche erinnern an diesen Bergbau.
Der Marien-Stollen war bis Anfang des 20. Jahrhunderts in Betrieb. Über den benachbarten Kanal wurde die geförderte Braunkohle abtransportiert, Holz und Ziegelsteine angeliefert. Die Mallißer Gewerkschaft Schön, Horschitz & Genossen errichtete die Elde-Ziegelei, nahm ein neues Bergwerk in Betrieb und verband beides über die Kanäle mit der Elde – der alte Frachtkahn im Ziegeleihafen erinnert noch daran.