Frei erzählte Geschichten von Christiane Raeder

„In Märchen steckt die Wahrheit der Welt“

rhy Dannenberg. In ihrem kürzlich eröffneten Laden im Atelier 21 an der Dannen­berger Seepassage sitzt Christiane Raeder an ihrem Schreibtisch und wartet auf Gäste. An diesem Vormittag ist es eine Frau, die den Weg zu ihr gefunden hat.

Raeders kleines Märchen-­Antiquariat ist gemütlich eingerichtet, passend zur Weihnachtszeit steht auf einem Tisch in der Mitte ein Adventskranz mit zwei angezündeten Kerzen. Die Märchenexpertin hat Tee gekocht, draußen ist es kalt und so passt es prima, eine Weile einem Märchen zu lauschen und vielleicht auch dem Trubel des Einkaufsvormittags zu entfliehen.

Es kommt Christiane Raeder nicht auf die Anzahl der Gäste an. Austausch unter Menschen ist ihr wichtig. Ihre Offerte „Auf ein Märchen“ ist ein generationsübergreifender Treffpunkt und ein Non-Profit-Angebot und richte sich an Familien und Kleingruppen, aber auch an einzeln Interessierte. Platz ist für sechs Erwachsene oder für zehn Kinder ab einem Lebensalter von vier Jahren. Ihr Motto: „Märchen mögen es lebendig!“ Die Märchen werden frei vorgetragen, so wie sie früher überliefert wurden. Die Auswahl richte sich nach der Zusammensetzung der Gäste.

An diesem Vormittag erzählt sie das alte jüdische Volksmärchen (Verfasser unbekannt) „Das Märchen und die Wahrheit“: Die „Wahrheit“ denkt, die Menschen mögen sie nicht, das macht sie traurig: Sie trifft auf das „Märchen“ und sagt: „Es geht mir sehr schlecht. Ich bin alt und betagt und kein Mensch will mich kennen.“ Diese meint, es sei nicht ihr Alter, weswegen man Abstand zu ihr hielt, denn sie sei auch alt, aber die Menschen mögen es, wenn man sich etwas schmücke und bunte Kleider trüge, das mache sie auch. Diesen Rat befolgt die „Wahrheit“ und ist seitdem bei den Menschen beliebt.

„Im Märchen steckt also auch die Wahrheit der Welt“, sagt Christiane Raeder. Das „Märchen“ muss sich verkleiden, um geliebt zu werden. Wir aber können für uns entscheiden, ob wir uns verkleiden, um beliebt zu sein, oder die Wahrheit zu leben und authentisch zu sein.

Auf einer ihrer selbst entworfenen Karten dürfen Gäste auch Märchen-Rätselraten spielen. Der Besucherin macht das viel Spaß, und da sie der einzige Gast ist, darf sie gleich mehrere Märchen erraten, die sie fast alle erkannt hat.

Im Dezember hat Christiane Raeder ihr kleines Lädchen an den folgenden Tagen von jeweils 11 Uhr bis 12.30 Uhr, freitags ab 15 Uhr, geöffnet: Dienstag, 20. Dezember, Mittwoch: 14. und 21. Dezember, Donnerstag, 22. Dezember, Freitag, 16. und 23. Dezember. Der Eintritt ist kostenfrei, Spenden willkommen.

Christiane Raeder kommt ursprünglich aus der prak­tischen Arbeit, war Krankenschwester, Erzieherin, Fachberaterin für Kindertageseinrichtungen, Qualitätsentwicklerin, Trauerberaterin und Seminarleiterin. Von 2002 bis 2005 leitete sie das Märchenzentrum DornRosen in Nürnberg und war 2005 Mitbegründerin von StrohzuGold, des Instituts für Märchen & Gestalt, welches sie bis Ende 2017 leitete. In diesem Rahmen organisierte sie Erzählveranstaltungen, kleine Erzählfestivals und Erzählkurse in Dannenberg, Köln, Pulheim, Düsseldorf und an anderen Orten.

Weitere Informationen gibt es unter www.strohzugold spinnnen.de.

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