„Haben uns nie aus den Augen verloren“

Goldenes Klassentreffen: Vor 50 Jahren in Dannenberg entlassen

bv Dannenberg. Geprägt durch die Nachwirkungen der Ölkrise, gilt 1974 als Jahr des Aufbruchs. US-Präsident Nixon tritt ab, die Deutschen werden Fußball-Weltmeister, Helmut Schmidt wird neuer deutscher Bundeskanzler. Und in Dannenberg verlässt die Kasse 9as die heutige Grundschule. „Damals war das noch die Volksschule“, erläutert Wilfried Schmaggel (65), einer der damals Entlassenen. „Es gab auch die Realschule und das Gymnasium, aber da sind die wenigsten hin“, erinnert sich der Penkefitzer, den alle Fiffi nennen. Er hat seine Mitschülerinnen und -schüler zu einem besonderen Klassentreffen eingeladen: Dem fünfzigsten. Gemeinsam mit seinen Schulfreunden Peter Gorgas (67) und Klaus-Dieter Korbella (65), genannt Kuschi, gestaltete er die Einladungskarte. Zu sehen: beeindruckende Fotos von einer Klassenfahrt nach Sylt, und langhaarige männliche Teenager in Schlaghosen – es war die Zeit. Beim Bier erinnert sich das Trio einige Tage vor dem Klassentreffen an die wilden Jahre. Peter Gorgas muss milden Spott ertragen, da er älter ist als die anderen Entlassschüler. Ein schwerer Unfall und die anschließende Rekonvaleszenz waren damals schuld, dass er ein Jahr wiederholen musste.

„Unsere Lehrerin hat mir zwei-, dreimal richtig eine gegeben“

Korbella wohnte seinerzeit im Bellmannsfeld und ging täglich zu Fuß zur Volksschule. Eingeschult worden war er in Prisser. „Da habe ich mehr gelernt als in Dannenberg“, ist er überzeugt. Korbella erinnert sich: „Ich bin einer der wenigen, der die ganze Zeit die selbe Deutschlehrerin hatte. Und meine Zensur stand schon am Beginn des Schuljahres fest“. Die anderen lachen. „Die hat mir zwei-, dreimal richtig eine gegeben“, erinnert sich Schmaggel: „Geschlagen wurde damals noch viel. Auch mit dem Schlüsselbund wurde geworfen – und getroffen“. „Einmal hat unsere Lehrerin meinen Füller, einen Pelikan, kaputt gemacht. Als ich sie darauf aufmerksam machte, sagte sie: ,Du gehst jetzt zu Dennstedt und holst dir auf meinen Namen einen neuen‘. Da habe ich mir einen Geha gegönnt“, lacht Korbella. „Aber wir waren auch immer vorneweg beim Mistbauen“, gibt Schmaggel zu.

Klassenlehrer war Abram Neufeld, ein freundlicherer Zeitgenosse, und Wolfdietrich Heuser gab Sport, „der war klasse“, erinnern sie sich. „Und es gab damals Kochunterricht für Mädchen, bei Frau Dau. Mit einer Genehmigung durften wir Jungs – statt Werkunterricht – mitkochen. Das war beliebt. Erst sind wir zu Otto Werner, Zutaten einkaufen, und nach dem Kochen wurde gemeinsam gegessen“.

Gemeinsam hätten sie „tolle Klassenfahrten erlebt, nach Olpe am Biggesee, und nach Sylt. Alles mit dem Zug, ab Dannenberg Ost. Hat alles gut geklappt.“

29 Schülerinnen und Schüler hatten die Abschlussklasse 9as besucht. Drei sind verstorben, 26 leben noch. Einen habe es „in die Schweiz verschlagen, eine nach Schottland, der Liebe wegen, und einen nach Kanada. Der wollte unbedingt ein Sägewerk eröffnen, und das ist ihm auch gelungen“, weiß Schmaggel.

Jugendtraum erfüllt: Einer hat in Kanada ein Sägewerk eröffnet

Von den übrigen hatten fast alle zugesagt. Die weiteste Anreise hatte Lydia Papajewski, geborene Banz, aus Südkirchen in Baden-Würtemberg, die anderen kamen aus Hamburg, Kiel und Lüneburg, der Rest aus dem Wendland. „Wir haben uns nie aus den Augen verloren“, berichtet Fiffi über den guten Zusammenhalt unter den Volksschülern.

Alle hätten nach der Schule erstmal im Wendland gearbeitet. Er habe seinerzeit Pech gehabt: „Wir wurden Ende März entlassen, und am 1. April habe ich meine Lehre angetreten, bei der Post. Dort habe ich dann 48-einhalb Jahre gearbeitet, ohne einen einzigen Fehltag.“

Kuschi Korbella hat bei Westermann gelernt, Zentralheizungsbau, dann ging er zur Bundeswehr. Und anschließend zu SPS. Peter Gorgas war ganze 45 Jahre bei Matern beschäftigt. „Ich war dort der erste männliche Auszubildende im Büro, aber wegen meiner langen Haare bin ich als Mädchen durchgegangen“, lacht er.

„Unser Klassentreffen war sehr schön“, berichtet Schmaggel im Anschluss. „Alle haben sich gefreut, sich mal wieder zu sehen. Los ging es an der Grundschule, in unserer alten Klasse. In der Alten Post haben wir gefeiert, uns Geschichten von früher erzählt und den Abend spät ausklingen lassen. In Zukunft wollen wir uns alle fünf Jahre treffen.“

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