Von der Seele der Pflanze
bm Kussebode. Die feinen Farbnuancen der Tinkturen begeistern Josef Schöffer immer wieder aufs Neue. Genauso wie der Anblick der sich spiegelnden Flaschen auf der Fensterbank im Sonnenlicht, der für den Kusseboder jedes Mal wieder etwas Besonderes ist. Dort stehen sie in Reih und Glied in ihrer schlichten Art und ohne Etikett, nur mit einer kleinen aufgeklebten Nummer versehen. Jede Einzelne hat eine andere Farbe und Form. Es sind Flaschen mit einem besonderen Inhalt: Denn in jeder der insgesamt 314 Flaschen ist ein Extrakt, genauer gesagt ein alkoholischer Auszug – meist aus Pflanzen, die im Garten von Schöffer gewachsen sind.
Die erste Tinktur steht seit dem 16. November 2021 im einstigen Stallgebäude, dem sogenannten Laboratorium. „Es geht mir vorrangig um die Farben der Pflanzen und wie diese sich verändern, wenn man sie mit Schnaps ansetzt.“ Ein hochprozentiger Doppelkorn sei als Extraktionsmittel gut geeignet. Die Pflanzen bleiben zunächst für etwa drei Wochen in der Flüssigkeit eingelegt und werden täglich geschüttelt. „In dieser Zeit zieht der Alkohol die Farbe, den Geruch und die Wirkstoffe heraus.“ Anschließend wird die Flüssigkeit durch einen Filter in die Flasche gegossen. Von den Pflanzen bleibt ein brauner Rest übrig, und in der Flasche befindet sich nun Farbessenz.
Manche Flüssigkeiten sind knallrot, andere sonnengelb – manchmal entstünden wahre Farbexplosionen. Jede Flasche wird nummeriert und sorgfältig mit den entsprechenden Daten in ein Buch eingetragen. „Es ist die Pflanzenseele, die mich dabei interessiert. Bei jeder Pflanze ist es anders und manchmal überraschend. Johanniskraut mit seinen gelben Blüten beispielsweise wird leuchtend rot.“ Dem Pflanzenkenner geht es auch um die Wirkung derselben, aber er möchte herausfinden, „welche Farbe eine bestimmte Pflanze in sich trägt, wenn sie ihre sichtbare Form nicht mehr hat. Welche Informationen und Wirkungen gibt sie weiter? Sind beispielsweise Karotten nach der Extraktion noch orange?“ Das hat er noch nicht ausprobiert.
Wer Interesse daran hat, sich die Tinkturen anzuschauen, kann unter (0 58 44) 15 49 einen Termin vereinbaren.