Hotelier Peter Wieczorek entwirft Zwerge für Hitzacker – 45 sind es bereits
bv Hitzacker. Obwohl es der 42. Zwerg ist, der unter seiner Regie entstanden ist, ist Hitzackers Zwergenvater Peter Wieczorek immer noch aufgeregt wie ein kleines Kind, wenn es um die Enthüllung geht: Langsam zieht er das Tuch hoch und freut sich mit dem Beschenkten um die Wette: Der bronzene Zipfelmützenträger hält einenFederkiel in der Hand und trägt eine Kiste für die Zolleinnahmen – ganz klar ein Zollschreiber-Zwerg. Genauer: Eine Auftragsarbeit zum Abschied von Zollschreiber Klaus Lehmann – alle Freunde haben zusammengelegt, damit die Breslauer Bildhauerin Beata Zwolanska-Holod den Entwurf von Peter Wieczorek umsetzen kann. „Das macht sie ganz fabelhaft“, lobt Wieczorek, im Hauptberuf Hotelier in der Elbestadt. „Naja, Beata hat ja auch schon eine gewisse Routine, nach mehrerenhundert Zwergen, die sie für Breslau gestaltet, etwa.“Nur sechs Wochen dauere es von der erste Skizze bis zum fertigen Bronzegnom. Es war auch Wieczoreks Idee, mit den Gestalten dem Fremdenverkehr in Hitzacker neues Leben einzuhauchen. Die Zwergentouren sind inzwischen ein Renner, Legionen von Schulklassen streifen durch alle Winkel der Stadt, um Historicus, den Stadtzwerg, Aquarius, den Kneippzwerg, Audi, den Horcher oder Denti, den Zahnarztzwerg zu suchen – um nur einige zu nennen. Alle haben eines gemeinsam: Sie werden von Peter Wieczorek entworfen.
In Breslau sind diese Zwerge, Krasnale genannt, eine Touristenattraktion. Die politische Oppositionsbewegung hatte in den 1980er-Jahren mit spontanen Demonstrationen im Zwergenkostüm Kritik am kommunistischen Regime geübt – und einen Zwerg in der Breslauer Altstadt aufgestellt.
Das Zwergenmotiv soll auf die in den 1970er-Jahren aktiven niederländischenKabouterbewegung zurückgehen, die ebenfalls spielerisch-subversiv den Mythos von den listigen Zwergenaufgegriffen hatte, erläutert Wieczorek. Natürlich hat er Hitzackers Zwergensage zu Grunde gelegt. Der Sage nach lebten im Weinberg dereinst Zwerge, die den Bürgern der Stadt bei verschiedenen Gelegenheiten halfen. 15 muntere Gesellen hatten sich einst in einer Höhle auf dem Weinberg angesiedelt. Sie haben die Stadt von einer schrecklichen Mäuseplage
befreit, zeigten sich hilfreich und fleißig. So verliehen sie gern ihre Zauberbraupfanne und freuten sich, wenn die Hitzackeraner als Dankeschön neben die Pfanne einen frisch gebackenen Laib Brot und eine Kanne Bier stellten. Wohl hundert Jahre dauerte das gute Miteinander an. Doch eines Tages rastete ein Handwerkgeselle nahe der Höhle, erblickte Bier und Brot, labte sich an den guten Gaben und legte sich schlafen. Mitten in der Nacht wurde er vom Grummeln in seinem Bauch wach. Er erblickte die Zauberbraupfanne. „Die haben sogar an den Nachttopf gedacht“, wunderte sich der junge Mann und nutzte die Pfanne, um sich zu erleichtern. Fröhlich pfeifend zog er von dannen. Pünktlich um Mitternacht öffneten die Zwerge die Höhlentür in Erwartung von Brot, Bier und Pfanne. Aber welche Enttäuschung! Statt des köstlichen Duftes wehte ein grässlicher Hauch um ihre Nasen, statt des Brotes erblickten sie die unappetitliche Hinterlassenschaft in ihrer Zauberbraupfanne. „Die Hitzackeraner haben uns einen bösen Streich gespielt. Bei diesen Pannenschietern können wir nicht bleiben“, urteilte der Oberzwerg, befahl, Gold und Edelsteine einzupacken und zur Elbfähre zu eilen. Seit diesem Tag müssen die Bürgerinnen und Bürger in der Elbestadt ihre Geschicke wieder in die eigenen Hände nehmen. Und seit diesem Tag werden sie „die Pannenschieter“ genannt …
Szenenwechsel: Vor einem Haus neben der Hitzackeraner Kirche bohrt Saidmohammed Dihaev zwei Löcher in den Stein. Der Zollschreiber-Zwerg soll dort künftig über Haus und Bewohner, Klaus Lehmann und Sigrid Toben, wachen. Dann wird der Zwerg verankert, der Sektkorken knallt. „Ein Hoch auf den Zollschreiber“, ein Dank an die Spender – die Elbestadt hat einen Zwerg mehr. Drei weitere sind zur Zeit noch in Arbeit, das macht 45. Bis zur 50 will Oberzwerg Wieczorek weitermachen.