Unaufdringlich charmant: „Mit Helga und Lutz durchs Jahr!“ in Breselenz aufgeführt
bv Breselenz. „Dieses Theaterstück entstand aus der tiefen Überzeugung, dass allen Menschen ein Grundrecht auf kulturelle Teilhabe zusteht, ein Zugang zur gesamten Palette künstlerischer Möglichkeiten, in hoher Qualität.“ Den von Dramaturgin Julia von Thoen formulierten Anspruch an das Theaterstück „DEMENTgegen – Mit Helga und Lutz durchs Jahr!“ erfüllten die Schauspieler Lavinia-Romana Reinke und Sven Mein am Sonntag in Breselenz auf das Vortrefflichste. In zwölf Szenen werden typische Situationen einer Ehe nachgespielt. Zum einen gibt es die Ebene der Handlung, leicht zu verstehen. Die zweite Ebene knüpft an kollektive Erinnerungen an. Dazu werden im Stück Großaufnahmen projiziert, Songs gesungen, sprachlich mit Wiederholungen gearbeitet.
Leider wurden nur wenige Zuschauerinnen Zeugen der gelungenen Inszenierung. Es war erst die vierte Vorstellung des vom Schauspielkollektiv Lüneburg mit der Altenpflegeschule Lauenburg entwickelten Theaterstücks. Es kommt unaufdringlich und sehr charmant in der Umsetzung daher, spricht buchstäblich alle Sinne an. Etwa in der Szene, in der Helga durchs Publikum geht und die betagten Seniorinnen an der Sonnencreme schnuppern lässt, die sie mit in den Urlaub nehmen will. „Riecht nach Sommer“, findet eine alte Dame.
Zum Inhalt: Das jung-dynamische, gerade verheiratete Paar Helga und Lutz erwartet in der Silvesternacht ungeduldig und voller Freude den Jahreswechsel. Noch eine dreiviertel Stunde, dann ist es so weit. Um sich bis dahin die Zeit zu vertreiben, beschließen sie, einen Jahresrückblick zu halten. Die beiden Darsteller werden von ihrem Publikum immer wieder unterstützt. Dabei befinden sich die Zuschauerinnen nahezu ausnahmslos in verschiedenen Stadien der Demenz, berichtet Lisa-Marie Koch, Leiterin Soziale Betreuung der Tagespflege Breselenz. Voll orientiert seien nur noch wenige, wie etwa Irmhild Fallapp. Sie fand das Stück „einmalig schön“. Das Stück richtet sich vor allem an die demenziell Erkrankten. Es wird viel mit Musik gearbeitet, mit Songs, Reimen, Märchen. Das liebevoll ausgestattete Theaterstück ist gleichzeitig lustig und anrührend, sinnesfreudig und lässt staunen. Dabei spielen die Schauspieler ganz nah an den Zuschauerinnen und beteiligen sie immer wieder. Das sei auch der Grund, warum das Stück an diesem Nachmittag gespielt wird: „Wir wollen jenseits des Standardprogramms auch Neues und Anregendes für unsere Tagesgäste bieten“, erläutert Koch. Und das kommt gut an. Irene ist schon weit über 90. Immer wieder ruft sie begeistert: „Ihr macht das so schön!“