Premiere: Die letzte Spur

Vox-Doku befasst sich mit den Göhrde-Morden

bv Göhrde. Am Mittwochabend war TV-Premiere: Um 22.15 Uhr wurde auf Vox zum ersten Mal die Folge der Reihe „Die letzte Spur – Die Cold-Case-Ermittler“ ausgestrahlt, die sich mit den Göhrde-Morden befasst. Das True-Crime-Format begleitet Kommissare bei ihren Ermittlungen an ungelösten Mordfällen. Die Göhrde-Morde sind einer der bekanntesten Cold Cases Deutschlands: Im Sommer 1989 werden Ursula und Peter Reinhold beim Picknick in der Göhrde erschossen. Noch während die Polizei im Wald nach Spuren sucht, wird nur einen Kilometer weiter ein zweites Paar getötet, Ingrid Warmbier und Bernd-Michael Köpping. Jahrzehnte später gibt es einen Verdacht: Bei dem Täter könnte es sich um Friedhofsgärtner Kurt-Werner Wichmann handeln. Er hat schon vor Jahren Selbstmord begangen.

Das Besondere: In dieser Doku kommen Zeugen zu Wort, die vorher öffentlich noch nicht zu hören waren. Etwa der Ehemann einer Frau, die von Kurt-Werner Wichmann gewürgt wurde, als dieser noch jugendlich war – er bekam eine lange Haftstrafe für das Verbrechen. Oder eine Zeugin, die das Ehepaar Reinhold in der Göhrde kurz vor dessen Ermordung womöglich als letzte sprach.

Die Serie untersucht, inwieweit es den Ermittlern gelingt, mögliche Verdächtige mit neuesten wissenschaftlichen Methoden und beharrlicher Mühe zu überführen. Was besonders kniffelig wird, wenn es um die Göhrde-Morde geht. Etwa die Hälfte der 135-Minuten-Sendung ist den Fällen in der Göhrde gewidmet. Das Vox-Team besucht die neue Cold-Case-Einheit der Kripo Lüneburg, die mit sechs Beamten unter der Leitung von Kriminalhauptkommissar Thilo Speich an dem Fall arbeitet. In einer alten Atombunkeranlage lagern Speich und sein Team alle Asservate, die mit den Göhrde-Morden und Kurt-Werner Wichmann in Verbindung stehen könnten – von roten Frauenstiefeln bis zu Autoteilen. Zudem werden dort 2150 alte Akten mit Spuren gelagert.

Dokumentarfilm-Regisseurin Heike Nelsen hat mit dem Kiebitz über die Dreharbeiten gesprochen. „Die Idee hinter dem Format ist: Mord verjährt nicht, und wir lassen keinen zurück. Wir schauen, ob es neue Analysemethoden gibt. Wir dürfen die Polizei begleiten, dürfen hinter die Kulissen schauen.“ Das Team habe sich den Göhrde-Morden zugewandt, da die Taten „hochspannend sind – einerseits gelten die Morde als irgendwie aufgeklärt, andererseits aber eben nicht, weil die Polizei davon ausgeht, dass es einen Mittäter, Mitwisser oder Anstifter gibt, der noch nicht überführt wurde“, betont Nelsen. Die Doku thematisiert auch die schwere Kindheit Wichmanns, der unter einem äußerst brutalen Vater litt.

Die Polizei habe im Jahr 2017 zwei DNA-Spuren aus einem Fluchtfahrzeug Kurt-Werner Wichmann zuordnen können, berichtet Thilo Speich in dem Film. Und vor allem der noch lebende Bruder von Wichmann, der in einem Baumarkt in der Nähe von Lüneburg arbeite, sei für die Polizei und Medienschaffende interessant – der aber rede nicht. „Wir könnten mit der Kamera auf der Schulter in den Baumarkt gehen und ihn stellen, aber so arbeiten wir nicht“, betont die Regisseurin.

Dafür habe sie einen Zeugen gefunden, der erstmalig vor der Kamera spreche. Der Fall liegt lange zurück: In der Einliegerwohnung seiner Eltern hat Wichmann 1963 die Untermieterin Bärbel Jaschik gewürgt. Sie selber will nicht mehr vor einer Kamera sprechen, ihr Ehemann, Günter Jaschik, aber schon. „Jaschick kennt auch die Mutter von Wichmann und hat den Bruder einmal im Baumarkt aufgesucht“, berichtet Nelsen. Die Mutter habe ihren Sohn „immer unheimlich gedeckt“, berichtete Jaschik. Dazu habe das Vox-Team im Stadtarchiv von Lüneburg Material gefunden: Wichmanns Schulunterlagen. In einem Schuljahr habe er über 100 Fehltage gehabt, sei immer wieder von der Mutter entschuldigt worden. Für eine weitere Geschichte von Jaschik habe Nelsen noch keine zweite Quelle: Wichmanns Mutter soll nach der ersten Vergewaltigung, die Wichmann nachweislich beging, zu den Eltern des Opfers gefahren sein. Und sie gefragt haben, ob ihre Tochter Wichmann nicht heiraten wolle.

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