Wie Kinder zu Persönlichkeiten werden

Löwenstarke Kids: Strategien gegen Streit, für mehr gute Laune und Zufriedenheit

bv Groß Gusborn. Kevin ist gut drauf – glaubt er jedenfalls. Er hat die Federtasche von Wilko geklaut und will sie am liebsten kaputtmachen. Aber Wilko lässt sich das nicht gefallen. Selbstbewusst fordert er Kevin auf, ihm die Federtasche zurückzugeben. „Nö, hab ich keinen Bock drauf“, erwidert Kevin. Wilko bleibt ruhig, geht einen Schritt auf Kevin zu, erhebt seine Stimme und blickt seinem Kontrahenten geradewegs in die Augen. Am Ende gibt Kevin ihm das Diebesgut zurück und trollt sich. Die Szene war Teil des „Resilienztrainings“, welches die Trainerinnen Nicole Johnson und Pamela Güttler vergangene Woche an der Grundschule in Groß Gusborn mit Schülerinnen und Schülern durchführten.

Resilienz, häufig mit Widerstandsfähigkeit übersetzt, steht für eine besondere Kraft der Psyche, Belastungen auszuhalten – eine ausgeprägt lebensmutige Haltung. Ein re­silienter Mensch lässt sich von Schicksalsschlägen nicht aus der Bahn werfen, sondern kommt rasch wieder auf die Beine und bewältigt sein Leben wie zuvor. Den Grundschülern diese Resilienz als Rüstzeug für ihr weiteres Leben mitzugeben, ist das am­bitionierte Ziel des Kurses „Löwenstarke Kids“. Erfunden hat es Nicole Johnson, die den Kevin in dem Rollenspiel mimte: einen vorlauten Schüler, der mit Vorliebe andere mobbt.

Wie man sich so jemandem gegenüber behaupten und dazu auch Hilfe von anderen einfordern kann, war eine wichtige Strategie, die den Schulkindern vermittelt wurde. Wer nämlich mutig und selbstsicher auftritt, so das Konzept der „Löwenstarken Kids“, der wird so schnell nicht von anderen gemobbt. Dazu muss aber erst mal das Selbstwertgefühl gestärkt werden – nur wer sich mag, strahlt das auch aus.

Die Hauptregel der Löwenkids lautet denn auch: Ich bleibe ruhig und entspannt wie ein Löwe, denn in der Ruhe liegt die Kraft.“ Eine Strategie ist, den Fokus immer aufs Positive zu legen, sich abzuwenden von Negativem – dem ärgernden Kind. Dadurch bekommt „Kevin“ nicht das, was er will: Aufmerksamkeit und Beachtung, er wird einfach stehen gelassen.

Kinder dürfen Fehler machen, ebenso wie Erwachsene, fordert Johnson, „denn Kinder lernen durch Versuch und Irrtum“. Ein weiterer Tipp: Immer kurz und knapp sagen, was man will, und dabei bleiben.

Die Lösungsstrategien für Konflikt zusammengefasst: gewaltfrei, ruhig und klar bleiben. Beleidigungen nicht ans Herz lassen. Den Verstand einschalten, Ruhe bewahren, Hilfe suchen. Dazu wurde ein imaginäres Schutzschild an die Schüler verteilt.

Wer all dies beherzigt, geht automatisch respektvoller mit anderen um, schafft eine positive, wertschätzende Grundstimmung.

Organisiert hatte die Schulung Schulsozialarbeiterin Mandy Schott, die mehrere Sponsoren für das Projekt begeistern konnte.

Nicole Johnson, die nach 15 Jahren als Bürokauffrau einen neuen Weg als Resilienztrainerin einschlug, ist davon überzeugt, dass die Kinder ein Leben lang von dem Kursangebot profitieren können. Vermittelt werden sollen Selbstvertrauen und ein positiveres Selbstbild, Bewusstsein über die eigenen Gefühle, Wertschätzung der eigenen Stärken und Widerstandsfähigkeit gegenüber negativen Einflüssen. Das in wenigen Stunden zu realisieren, ist sicherlich sehr hoch gegriffen. Die Lehrerschaft bemüht sich engagiert um ähnliche Ziele. Aber der eingeschlagene Weg der Schule wird unterstützt. Die Belohnung: weniger Streit, mehr gute Laune. Klare Kommunikation schafft grundsätzlich mehr Sicherheit, mehr Eigenverantwortung und Zufriedenheit im Leben.

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