Das Einsatznachsorgeteam des Kreisfeuerwehrverbands
Bei Unfällen und plötzlichen Todesfällen werden häufig Notfallseelsorgerinnen und Notfallseelsorger gerufen, um sich um die Angehörigen zu kümmern. Aber auch für die Einsatzkräfte kann die Begegnung mit dem Tod oder mit schweren Verletzungen belastend sein. Im Landkreis Lüchow-Dannenberg gibt es seit zwei Jahren ein Einsatznachsorgeteam im Kreisfeuerwehrverband. Im Interview spricht Pastor Bernd Paul als dessen Leiter über die Arbeit seines Teams.
Wer gehört außer Ihnen noch zum Einsatznachsorgeteam?
Das Einsatznachsorgeteam besteht vor allem aus erfahrenen Feuerwehrmännern, die eine jahrzehntelange Einsatzerfahrung mitbringen. Diese sogenannten „Peers“ haben eine ganz wichtige Funktion, weil sie den gleichen „Stallgeruch“ mitbringen. Da weiß jeder bei der Feuerwehr: „Die wissen, wovon ich spreche.“
Was macht ein Einsatznachsorgeteam?
Wir haben vor allem zwei Aufgaben. Wir kommen, wenn es von einer Feuerwehr gewünscht ist, zu einem Einsatznachgespräch. Darüber hinaus kommen wir aber auch zu Übungsabenden in die Feuerwehren, um darüber zu informieren, wie man sich auf belastende Einsätze vorbereiten kann beziehungsweise was man nach solchen Einsätzen für sich tun kann.
Nach welchen Einsätzen werden Sie gerufen?
In der Regel können Feuerwehrleute schwierige Einsätze auch ohne fremde Hilfe gut verarbeiten. Aber manchmal spüren sie: „Das war heute kein normaler Einsatz, sondern heftiger.“ Oder aber, wenn junge Kameradinnen und Kameraden zum ersten Mal bei einem tödlichen Verkehrsunfall mit dabei waren. Dann alarmiert uns der Einsatzleiter, damit wir uns zum Nachgespräch zusammensetzen können.
Wie muss man sich ein solches Einsatznachgespräch vorstellen?
Zu dem Nachgespräch sind zum einen die am Einsatz beteiligten Feuerwehrleute (und nur die) eingeladen. Dazu kommen dann bei uns eine Seelsorgerin beziehungsweise ein Seelsorger sowie zwei Peers. Für das Gespräch gibt es eine Art Fahrplan und ein klares Ziel. Nach einem aufwühlenden Einsatz ist es für uns ganz wichtig, ein Gefühl von Sicherheit zu vermitteln. Darum führen wir das Gespräch an einem vertrauten Ort, nämlich im Gerätehaus. Ziel ist es, dass alle dabei innerlich zur Ruhe kommen können. Zudem hilft es zu wissen, dass es den anderen ähnlich geht – und man nicht der einzige ist, dem bestimmte Bilder noch durch den Kopf gehen. Ein guter Zusammenhalt in der Truppe ist erwiesenermaßen eine Kraftquelle, um auch mit belastenden Erlebnissen gut zurecht zu kommen. Wenn alle nach einem solchen Gespräch ruhiger und gelassener sind als zu Beginn, dann war es ein gutes Gespräch.
Was ist mit denen, die sich nicht trauen, vor anderen zu reden?
Niemand wird gezwungen, bei dem Nachgespräch zu reden. Auch Schweigen ist völlig okay. Außerdem gibt es immer auch das Angebot zu einem vertraulichen Einzelgespräch.
Wie lange kümmern Sie sich um betroffene Feuerwehrleute?
Wir kümmern uns gewissermaßen als Ersthelfer um die Einsatzkräfte und führen ein oder zwei Gespräche. Sollte wirklich jemand über längere Zeit ernsthaft mit belastenden Einsatzerlebnissen nicht zurechtkommen, gibt es dafür Psychotherapeuten, die dafür ausgebildet sind. Wir können dann ermutigen, diese Hilfe auch in Anspruch zu nehmen und gegebenenfalls Kontakte herstellen.
Ist dieses Angebot unter den „Rettern“ ein offenes Thema oder gibt es unter den Betroffenen noch falsche Scham?
Noch vor zwanzig Jahren hätte ein solches Angebot wohl keine Chance gehabt, angenommen zu werden. Aber gerade nach größeren Schadenslagen wie dem ICE-Unglück in Eschede ist mehr ins Bewusstsein gerückt, wie belastend die Arbeit auch für die Helfer ist. Als ich vor ein paar Jahren mit dem Vorschlag für ein solches Einsatznachsorgeteam an den Vorstand der Kreisfeuerwehr herangetreten bin, bin ich da auf offene Ohren gestoßen.