Ohmsches Haus beherbergt nun Orthopädiepraxis
rs Dannenberg. Ein altes Haus gleicht einem Behältnis, in dem sich Geschichten zu Geschichte verdichten. Wer eines bewohnt, weiß, dass es viel Achtsamkeit erfordert. Wer eines erwirbt, um es zu nutzen, der sollte es sorgsam erforschen, um Eigenheiten zu erkennen.
Dies gilt insbesondere für Dannenbergs Ohmsches Haus, ein Zweiständer-Fachwerkhaus – die älteste Variante des Niederdeutschen Hallenhauses, welches ursprünglich 1656 in Langendorf errichtet wurde. 1971 wurde das Gebäude, das zu verfallen drohte, in dem Dorf nahe der Elbe abgetragen, das Fachwerk eingelagert.
Im Zuge der Anlage des Thielenburger Sees, an dem eine Rundlingsbebauung entstehen sollte, besann man sich der brachliegenden historischen Substanz, die nach der einstigen Besitzerfamilie benannt worden war. 1987 begann man mit dem Wiederaufbau des ältesten Zweiständerhaus des Wendlands; am 2. Mai 1988 wurde das Ohmsche Haus in Dannenberg eingeweiht und dann ab 1995 als Ort für kulturelle Veranstaltungen aller Art der Öffentlichkeit übergeben. Hunderte Kammerkonzerte, Lesungen, Theateraufführungen und vieles mehr fanden am Landgraben im Auftrag des Hauptnutzers, des Kulturrings Dannenberg, statt. Weitere umgesetzte historische Häuser gesellten sich in der Folgezeit in die Nachbarschaft des Ohmschen Hauses.
Rund ein Vierteljahrhundert später wollte sich der Kulturring neu aufstellen, der Ostbahnhof wurde Spielstätte. Der Pachtvertrag zwischen Stadt und Kulturring wurde daher in beiderseitigem Einvernehmen aufgelöst. Damit ging das Objekt zurück an die Stadt, welche das rund 2 000 Quadratmeter große Grundstück mit dem dazugehörigen Gebäude öffentlich zum Verkauf anbot.
Den Zuschlag erhielt Dr. med. Anne Ruth Oldenburg im September 2020. Jetzt beherbergt das Gebäude die orthopädische Arztpraxis ihres Mannes Dr. med. Martin Oldenburg.
„Das war das Beste, was der Stadt passieren konnte“, kommentiert Ursula Fallapp, Leiterin des Stadtmarketings, den Verkauf – auch, weil das Ärzteehepaar mit ihrem Privathaus bereits Erfahrungen mit historischer Bausubstanz sammeln konnte. „Oldenburgs haben einen Sinn für derartige Gebäude.“ Jüngst fand am Ohmschen Haus die offizielle Einweihung der Praxis, die sich vormals an der Marschtorstraße befand, statt, zu der neben Vertretern aus Verwaltung und Politik auch Handwerker, Freunde und Patienten eingeladen waren. Diese bestaunten die feinsinnig vorgenommenen Umbauten, die das Ensemble nicht des Charmes berauben, diesen aber funktionell und energieeffizienter machen.
„Sechs bis sieben Monate waren wir hier aktiv. Jeden einzelnen Balken haben wir geschliffen, restauriert und neu gestrichen“, erinnert sich Dr. Martin Oldenburg, der schon seit 2004 mit dem Objekt liebäugelte. „Ein Familienprojekt“, betont Dr. Ruth Oldenburg. Beide loben explizit die Leistung der am Umbau beteiligten Firmen. Gemeinsam habe man etwa 50 Tonnen Material aus dem Gebäude geschafft, zahlreiche Innenwände für die helle, freundliche und behindertengerecht gestaltete ebenerdige Praxis gezogen, in der fünf Menschen zum Wohl der Patienten in fünf Behandlungsräumen, im Röntgenraum und am Empfang arbeiten. Trotz Corona sei man im Zeitplan geblieben. Viel Aufwand betrieb man bei dem über Fernwärme aus der Biogasanlage in Prabstorf und dem Freibad beheizten Haus vor allem bei der Dämmung.
„Der ehemalige Stadtdirektor Heinz Kollan, der gemeinsam mit dem damaligen Bauamtsleiter Harald Reeck wesentlich dazu beigetragen hat, dass dieses Haus am Thielenburger See steht, wäre von dieser Nutzung begeistert“, unterstreicht Fallapp.