Apotheken rufen am 14. Juni zum Protest auf
bm Lüchow-Dannenberg. Lieferengpässe, Sparmaßnahmen und Honorarkürzungen durch die Bundesregierung sowie Lieferengpässe bei den Medikamenten. Die Liste ist lang, betroffen sind alle. Es gibt viele Punkte, welche die Apotheken derzeit zu bemängeln haben. Ralf Arafa ist Inhaber der Kur-Apotheke in Hitzacker. Er ist gerne Apotheker, wie er betont. Der Job und der Umgang mit den Menschen bereiten ihm Spaß. Aber die Umstände und die Politik machen ihm zu schaffen und lassen ihn mittlerweile zweifeln. Die Kur-Apotheke ist eine Landapotheke, wie es viele im Kreisgebiet gibt. Aber so viele seien es gar nicht mehr, wie Arafa betont. Es mangele an Personal und ebenso am Honorar. Die Kunden betrifft vor allem die Anzahl der Apotheken, die in ganz Deutschland im vergangenen Jahr nach Verbandsangaben stark gesunken ist: Zum Jahresende ging sie um 393 auf 18 068 Betriebsstätten zurück, wie die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) mitteilt. Dies sei der stärkste Rückgang in der Geschichte der Bundesrepublik.
Das ist aber nur einer der Gründe, weshalb am Mittwoch, dem 14. Juni, die Apotheken in Niedersachsen geschlossen bleiben. Der Landesapothekerverband Niedersachsen (LAV) befürwortet den bundesweiten Protesttag der Apotheken vollumfänglich. Eine Regelversorgung kann an diesem Tag nicht stattfinden. Die Notfallversorgung am Protesttag wird ausschließlich über die Notdienstapotheken erfolgen. „Der Protest ist notwendig, aber mit der Schließung wird es bei uns schwierig. Ich könnte es nicht mit meinem Gewissen vereinbaren, weil viele alte und kranke Menschen dann auf dem Schlauch stünden. Hier sind die Wege zu weit und die Zahl der Apotheken schwindet mit rasender Geschwindigkeit“, führt Arafa anlässlich des heutigen Tags der Apotheke aus.
Im Kreisgebiet herrscht deshalb noch keine Einigkeit, ob sich die Apotheken diesem Protest anschließen, obgleich jeder „Farbe bekennen möchte“, wie auch Matthias Loa, Inhaber der Adler-Apotheke in Clenze, mitteilt. „Die Situation ist dramatisch. Ich merke es gerade am eigenen Leib. Mit der Schließung der Löwen-Apotheke in Bergen fehlt ein weiteres Stand- und Versorgungsbein im Südkreis, das wir mit auffangen müssen. Daher habe ich gerade genug damit zu tun, sodass ich mir noch nicht sicher bin, ob ich schließen werde. Allerdings trifft die derzeitige Situation genau einen der Punkte, weshalb viele meiner Kolleginnen und Kollegen streiken.“
Für die Stadt-Apotheke in Lüchow stelle sich die Frage nicht, wie Mitarbeiterin Iris Treuherz informiert: „Mit unserem Streik möchten wir auf die Missstände aufmerksam machen. Durch die Rabattverträge, welche die Krankenkassen mit den Herstellern aushandeln, ziehen sich viele Hersteller vom Markt zurück, weil die Produktionskosten zu hoch wären. Dadurch entstehen Engpässe. Beispielsweise bei Paracetamol gibt es derzeit nur noch zwei Hersteller. Das ist ein von der Politik verursachtes Problem. Die Krankenkasse entscheidet über den Hersteller. Wir müssen alles dokumentieren. Das bedeutet mehr bürokratischen Aufwand. Ich sitze oft morgens bereits um 6 Uhr am Rechner, um Medikamente zu besorgen. Daher sind wir ganz gut aufgestellt.“ Die Stadt-Apotheke wird sich am 14. Juni mit einem Infostand auf dem Lüchower Marktplatz präsentieren, um über die Problematik aufzuklären.
„Die politischen Weichen sind falsch gestellt“
Mit im Boot sind die Neue Markt-Apotheke und die Einhorn-Apotheke in Lüchow. „Wir werden auf jeden Fall am 14. Juni bei dem Protest mitmachen und die Apotheke an diesem Tag nicht öffnen“, erklärt Neue Markt-Apotheke-Inhaber Andreas Huber. Zu informieren sei ihm aber sehr wichtig, denn „die politischen Weichen sind definitiv falsch gestellt. Der Beruf des Apothekers wird immer unattraktiver. Seit 15 Jahren sind die Preise nicht erhöht worden, die Apothekervergütung ist von der Inflation abgekoppelt. Für viele ein Grund, sich nicht selbstständig zu machen. Der erhöhte Krankenkassenabschlag trägt ebenfalls zu weniger Einkommen bei. Hinzu kommen die Lieferengpässe bei den Medikamenten. Auch die Ausbildung zum pharmazeutisch-technischen Assistenten ist für viele nicht realisierbar, weil sie von den Auszubildenden selbst finanziert werden muss. Alles das führt zu einer schlechteren Versorgungssicherheit der Bevölkerung.“ Andreas Huber fühle sich mit dem Rücken an die Wand gedrückt, wie er sagt. Ralf Arafa fühle sich im Stich gelassen: „Die Krankenkassen scheren sich überhaupt nicht um irgendwelche Engpässe. Bei Schwierigkeiten, was die Versorgung angeht oder fehlenden Medikamenten, müssen wir Rücksprache mit den Ärzten halten. Ein fast unmögliches Unterfangen. Der bürokratische Aufwand ist ein Irrsinn, und die Behauptung der Politik, wir würden mehr verdienen, weil es weniger Apotheken gibt, stimmt einfach nicht. Durch die Rabattpolitik und die Kürzung unserer Gehälter stehen wir schlechter da als vorher. Unsere Mitarbeiter bewegen sich, was die Bezahlung angeht, immer weiter in Richtung Mindestlohn.“
Dr. Alexander Schmitz betreibt die Lüchower Burg-Apotheke sowie die Apotheke Seepassage in Dannenberg. Für ihn steht allerdings die Verlässlichkeit an erster Stelle: „Es fehlt die Wertschätzung von der Politik, aber wir versorgen mit unseren Apotheken das Krankenhaus, operierende Arztpraxen und viele Patienten. Ich möchte davon niemanden im Regen stehen lassen.“
Die ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening unterstreicht die Forderungen: „Apotheken brauchen Wertschätzung und stabilisierende Perspektiven, keine Zwangsmaßnahmen.“ Neben der Förderung jungen Nachwuchses forderte sie verlässliche Rahmenbedingungen für den Apothekenbetrieb und den Abbau bürokratischer Lasten.