Neue Halle: Über den schwierigen Umgang mit Biokartoffeln
duh Pudripp. Kartoffeln sind inzwischen die beliebteste Beilage der deutschen Küche. Kann sich da noch jemand vorstellen, dass Friedrich II. vor 250 Jahren die Bauern mit List und Tücke dazu bringen musste, Kartoffeln anzubauen – und sie dann auch noch zu essen? Inzwischen verbrauchen wir pro Kopf jährlich etwa 55 bis 60 Kilogramm. In Lüchow-Dannenberg werden auf rund 125 000 Hektar Kartoffeln angebaut, mit einem Ernteertrag von 47 Tonnen pro Hektar. Der Landkreis liegt damit an der Spitze der Kartoffelerzeuger.
Anbau, Ernte und Lagerung von Kartoffeln stellen an den Erzeuger hohe Anforderungen. Besondere Anforderungen stellt der Biokartoffelanbau. Der entscheidende Unterschied zwischen den Anbauarten ist, dass im Bioanbau grundsätzlich keine systemisch wirkenden Pflanzenschutzmittel angewandt werden. „Im ökologischen Landbau wird der Boden gestärkt, damit er die Pflanze ernähren kann. Wir arbeiten mit der Natur, was uns manchmal mehr – manchmal weniger gut gelingt“, betont Monika Tietke, Geschäftsführerin beim Verband der Bio-kartoffel-Erzeuger und Biobäuerin aus Gartow. Systemisch wirkende Mittel dringen unmittelbar in die Pflanze ein und gehen somit in den Nahrungsmittelkreislauf. Sie sitzen in der Frucht und können nicht abgewaschen oder abgeschält werden.
Die Kartoffelblüte ist das äußere Anzeichen, dass die Pflanze angefangen hat, kleine Knollen zu bilden. Die Blätter sind dabei der Wachstumsmotor.
Erst wenn diese absterben, ist das das Signal an die Kartoffel, ihre Knollen winterfest zu machen. „Mit der Knolle will sie sich im nächsten Jahr wieder vermehren, die muss jetzt also bis zum nächsten Frühjahr durchhalten und deswegen braucht sie den Schutz drum herum.“ Kartoffeln können erst dann gerodet werden, wenn sie „schalenfest“ sind. Um das zu erreichen, muss dem Absterben der Blätter nachgeholfen werden. Im konventionellen Anbau mit chemischer Behandlung, im Bioanbau werden die Blätter mechanisch „gehäckselt“. Dann bildet sich die Schale. Je länger die Kartoffel jetzt noch in der Erde bleibt, umso fester wird die Schale undder Geschmack verändert sich. Der Biobauer muss aber zeitnah roden, da seine Kartoffeln aufgrund fehlender chemischer Behandlung ein heißbegehrtes Objekt fürPilze und Schädlinge sind. Dazu gehört die Kraut- und Knollenfäule, eine der gefürchtetsten Krankheiten im Kartoffelanbau. Biokartoffeln, die nicht dagegen behandelt werden, nehmen die Sporen mit in die Lagerung. Bei nicht sachgerechter Lagerung besteht die Gefahr, dass die Sporen sich im Lager ausbreiten und, um es mit Monika Tietke zu beschreiben, „ihnen kommen die Kartoffeln alleine aus der Kiste wieder raus“.
Deswegen gelten für Biokartoffeln ganz andere Lageranforderungen. In Pudripp hat die VR Plus eine neue Halle, ausschließlich für Biokartoffeln, gebaut. Dort werden die Kartoffeln bei Anlieferung in Einzelkisten mit wärmerer Luft getrocknet. Zur Verkorkung der Schale, einem „Heilungsprozess“ für kleinere Rodungs- und Transportverletzungen, wird die Temperatur sehr langsam auf die Lagertemperatur von 4 Grad reduziert. Jede Kiste wird einzeln belüftet. Unter dem Boden ist ein Hohlraum, in den wird die Luft eingeführt.
Ein weiterer Hohlraum am Deckel leitet die Luft wieder nach außen. Die Temperatur und die Luftfeuchtigkeit müssen konstant gehalten werden, da bereits Schwankungen von einem Prozent vorzeitige physiologische Alterungsprozesse in der Kartoffel auslösen.
Niedersachsens Ökolandbau wächst schneller und stärker als die bundesdeutsche Öko-Fläche. 2019 wurden in Niedersachsen knapp 13.000 Hektar auf ökologische Bewirtschaftung umgestellt. Die Öko-Fläche beträgt jetzt 120.675 Hektar.