Aktionsnachmittag des „Obstnetzes Prignitz“
kek Gandow. Normalerweise ist es so: Erst kommt der Obstbaum, und wenn er groß genug ist, gibt es leckere Früchte. An einer kleinen, südlich von Gandow und knapp südlich der Löcknitz gelegenen Streuobstwiese war es am Freitagnachmittag aber umgekehrt. Dort gab es zunächst erst einmal eine Apfelvorstellung. Eingeladen hatte der Förderverein Flusslandschaft Elbe-Brandenburg im Rahmen seines Projektes „Obstnetz Prignitz – gemeinsam zur Genusslandschaft“. Gekommen waren Gäste aus der Prignitz und aus der Uckermark, aber auch Kathrin Heinke von der Lenzener Naturwacht, Asta von Oppen aus dem wendländischen Gartow sowie Jochen Purps aus Bad Wilsnack und Ute Delft aus Barenthin.
Schließlich handelte es sich bei der kleinen Wiese um eine Ausgleichsfläche, die vor zehn Jahren von Purps mit einigen historischen Obstbäumen wie dem „Altländer Pfannkuchenapfel„, „Geheimrat Breuhahn„, „Hasenkopf“, „Boscs Flaschenbirne“ oder der „Pastorenbirne“ bepflanzt worden war. Zwar trugen nur wenige Bäume noch Früchte, aber das machte nichts, denn die Ute Delft hatte genug Anschauungsmaterial mitgebracht: Auf einem langen Tisch waren immerhin 40 historische Apfel- und Birnensorten sowie eine Quittensorte ausgestellt, die von der Pomologin ausführlich beschrieben wurden.
„Der ,Altländer Pfannkuchenapfel’ ist vom Geschmack her nicht so doll, aber er ist groß und fest, hält sich außerdem noch lange und kann dazu noch prima im Kuchen verarbeitet werden“, hieß es da. Oder: „Der ,Jakob Lebel’ trägt mürbe, aber saftige Früchte, und er hat es an sich, dass es nur jedes zweite Jahr eine gute Ernte gibt.“ Und dazu gab es dann auch noch Überraschungen: Ein Ehepaar aus Düpow hatte während der Herfahrt in Dergenthin in herrlichen Rot- und Rosatönen schimmernde Äpfel entdeckt und mitgebracht. Drehen, schnuppern, einmal durchschneiden, anschauen und letztlich probieren hieß es da für Ute Delft. „Ich habe einen bestimmten Verdacht, ja, das könnte eine ,Rotgestreifte Gelbe Schafsnase’ sein.“ Was sich dann auch tatsächlich bestätigte. Ein anderer Verdacht – ein „Eiserapfel“ – bestätigte sich hingegen nicht, aber dafür gab es dann noch zwei besonders prignitztypische Äpfel, die wie große Kostbarkeiten angesehen wurden: einen „Rehberger Hasenkopf“ und einen „Herzvater“. „Von diesem gibt es in der Prignitz nur noch vier Bäume“, erklärte dazu die Apfelkennerin, die auf ihrem Grundstück, auf dem sie mehr als 100 Sorten erhält, auch den „Herzvater“ vermehren möchte.
Letzteres geht übrigens ganz einfach: indem man Apfelkerne aussät. „Doch dann entstehen daraus ganz andere Sorten, und da haben Sie dann eine Vielfalt bis in die Unendlichkeit. Aber bei den Supermarktfrüchten gibt es nur sechs Elternsorten, das ist die reinste Inzucht“, wurden die Anwesenden vor den Folgen gewarnt. Eine wurzelechte Vermehrung besteht natürlich ganz einfach darin, ein sortenreines Bäumchen zu pflanzen. Und das geschah dann auch im Laufe des Nachmittages und zwar mit einem seltenen „Albertsheimer“.
„Gießen ist dazu ganz wichtig“, erklärte Jochen Purps, „damit die Hohlräume in der Erde verschwinden und die Wurzeln dann gleich Feuchtigkeit bekommen.“ Aber noch wichtiger war der anschließende Wildschutz mit einer Manschette, „denn wir sind hier in Nähe der Löcknitz, und der größte Nager ist hier der Biber“. Natürlich wurde das Bäumchen dazu noch mit einer Stütze versehen und letztlich auch noch von Ute Delft beschnitten.
Zu Wort meldete sich auch Asta von Oppen, die sich im Wendland zwölf Jahre hindurch für den Erhalt alter Sorten eingesetzt hatte und jetzt als Projektleiterin des „Obstnetzes Prignitz“ agiert. „Ich bin von der Vielfalt der Sorten, die man hier noch findet, beeindruckt, insbesondere von den vielen Birnen, die es hier noch gibt. Und die allgemeine Situation aufgrund des Corona-Zustandes hat auch eine gute Seite: Die Leute besinnen sich wieder viel mehr auf ihre Gärten und den eigenen Obstanbau. Und an dem Punkt möchten wir ansetzen und auf die Vorteile der alten Sorten aufmerksam machen.“