Neues Leben im Bürgermeisterhaus

Dömitz: Fünf Wohnungen entstehen Betreiber für Café gesucht

rs Dömitz. Das Objekt ist bekannt wie der sprichwörtliche bunte Hund nicht zuletzt deshalb, weil der vormalige Besitzer es verstand, sich und seine Dömitzer Märchenpension mit Scheunencafé gleich 19 Mal in Fernsehbeiträgen zu platzieren. Doch der Gifhorner Architekt Christian Hoffmann, der das malerisch zwischen Elbstraße und Am Wall gelegene Areal während der warmen Monate gastronomisch betrieb, war wie die Immobilie in die Jahre gekommen: Im Sommer 2020 stellte der seinerzeit 82-Jährige ein Schild vor die Tür. „Nachfolger gesucht“ stand darauf. Besondere Bedingungen an den neuen Besitzer oder die Besitzerin hatte Hoffmann nicht, aber gern singen sollte er oder sie können weil er seinen Gästen in dem museal anmutenden Ambiente gern ein Ständchen zum Nachtisch gab.

Schließlich fand Hoffmann mit der Hamburgerin Birgit Radow, die in Berlin tätig ist, eine Käuferin. Doch singen wird Radow, die für Stiftungen und für Greenpeace arbeitete und sich ehrenamtlich etwa für Foodwatch engagiert, und das Objekt im Mai 2021 erwarb, nicht. Auch wird die 66-Jährige kein Café betreiben zumindest nicht selbst. Doch dazu später.

Wie Hoffmann, der vor gut 27 Jahren beruflich nach ­Dömitz kam, um dort Zeichnungen für einen Kunden zu machen und dabei eher zufällig an das Haus an der Elb­straße 26 kam, erging es auch Radow: „Mit meinem ­Lebenspartner, der in Klein Schmölen wohnt, spazierten wir mit meinem Hund des Öfteren daran vorbei“, erinnert sie sich. Die traumhafte Lage in der Altstadt mit weitem Blick auf den Strom habe es ihr angetan. Und obschon sie wusste, dass ihr mit dem Kauf des unter Denkmalschutz stehenden Gebäudes einiges an Arbeit bevorstehen würde, griff sie zu, als das historische Objekt veräußert werden sollte. Eine wesentliche Stütze bei ihrem Projekt „Altes Elbzollhaus“ ist ihr dabei eben jener Lebensgefährte, der Diplom-Architekt, Stadtplaner und Denkmalpfleger Frank Pieter Hesse, Jahrgang 1948, der sich in Dömitz im Festungsausschuss engagiert.

Mit Hoffmanns Auszug im August begannen die Untersuchungen der baulichen Substanz des Hauptgebäudes, das viele Besonderheiten aufweist, sowie das Aufräumen. Es wird kernsaniert. „Bislang wurden 110 Kubikmeter Bauschutt abgefahren, weitere folgen. Dazu kamen bisher 50 Kubikmeter an Sperrmüll“, informiert Radow, die die Zusammenarbeit mit den lokalen Handwerkern und Behörden ausdrücklich lobt. Ein dendrochronologisches Gutachten ergab, dass die Balken des Fachwerks aus der Zeit um 1813/1814 stammen, also kurz nach dem Abzug der französischen Besatzer eingeschlagen wurden. Der Dachstuhl, der mittlerweile thermisch gegen Hausbock und Holzwurm behandelt wurde, wurde gar auf das Jahr 1763/1764 datiert, somit auf das Ende des Siebenjährigen Krieges. Vermutlich wurde das Holz von einem anderen Gebäude dazu recycelt.

Beim Rundgang durch das Gebäude, in dem fünf Wohnungen auf 420 Quadratmetern entstehen, „alle mit Elbblick, die meisten davon sind hoffentlich bis Herbst fertig, wird die ehemals repräsentative Funktion des Hauses, in dem einst die Elbzollverwaltung ansässig und später mehrere Bürgermeister tätig waren, offenkundig. Einer der Stadtoberen ließ 1912 zudem einen Anbau mit Balkon an diesem im Volksmund als „Bürgermeisterhaus“ genannten Bau, der sich in der Sichtachse zur Festung an der breitesten Straße der Altstadt befindet, errichten. Das Erd- und das Obergeschoss des Haupthauses bestechen durch die Enfilade, durch die Aufreihung von Flügeltüren, und die hohen Decken, die man im gesamten Haus, das auf einem Gewölbekeller vermutlich von einem Vorgängerbau ruht, findet. Das gesamte Gebäude wird nachhaltig nach Denkmalschutzvorgaben saniert und energetisch auf den neuesten Stand gebracht etwa mit einer Wärmepumpenheizung. „Förderung erhalte ich dabei über das KfW-Programm Effizienzhaus Denkmal“, erläutert Radow, die so wurde es jüngst offenkundig auch das gesamte Dach neu decken lassen muss. „Etwas verrückt muss man wohl sein“, sinniert sie, ist sich aber sicher, dass es lohnt. Ihr Antrieb sei es nicht, Gewinne aus der Immobilie zu schlagen. Sie wolle, dass das Projekt sich eines Tages selbst trägt und wolle helfen, das Leben in der Stadt in Schwung zu bringen. Dazu soll auch das ehemalige Scheunencafé beitragen, für das Radow zuverlässige Betreiber sucht. Die Scheune, die ehemals zur der dem Bürgermeisterhaus benachbarten Schlachterei, die im Krieg zerbombt wurde, gehörte, hat Potenzial. Sie liegt direkt am Elberadweg. Aber auch andere Nutzungsformen wären denkbar, so Radow. Wer Interesse an der Nutzung dieses Objekts hat, kann sich bei ihr unter alteselbzollhaus@gmx.de melden.

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