Massen-Event Ellringen: Oldtimer-Treffen zog Fans auch aus dem Wendland an
bv Ellringen. Mit großen Augen stapft der kleine Anton über die Wiese, wo gerade ein Ferrari ankommt und einen Parkplatz sucht – ein ähnlicher Typ, wie ihn einst Hawaiis Privatdetektiv Thomas Magnum fuhr. „Nein, das ist ein etwas anderes Modell“, klärt der Besitzer freundlich auf, froh über das Interesse an seiner schicken, wenn auch bereits etwas betagten Flunder im berühmten Rosso Corsa, dem Ferrari-Rot. Denn auch andere Besucher strömen zu dem Fahrzeug aus Witzeeze, und die Konkurrenz ist groß: Wir sind in Ellringen, einem Flecken kurz hinter der Kreisgrenze, wo sich seit Jahrzehnten einmal jährlich die Oldtimerfans treffen. In diesem Jahr war es nach zwei Jahren Corona-Zwangspause endlich wieder so weit. Und weit über 10 000 Besucher nutzen die Gelegenheit, sich die Oldtimer vom Kettenfahrzeug aus dem Zweiten Weltkrieg bis zur Citroen Acadyane – einer Art Ente mit Rucksack – oder dem Mercedes Strich/8 als fünfsitzige Leichenwagenversion – ultraselten, wie versichert wird – anzusehen. Oder über den Teileflohmarkt zu schlendern, wo man von der uralten, auf Hochglanz polierten Karbid-Fahrradlampe bis zum DDR-Moped Simson SR-51, Zustand 1a, wie direkt aus dem Laden, alles Mögliche findet, was Sammlerherzen höher schlagen lässt.
Aus Splietau ist etwa Peter Hermann hergekommen. Er verkauft alte Ersatzteile, die ihm sein Vater hinterlassen hat. Er sei jedes Jahr hier gewesen, zum Gucken. Und vor genau zehn Jahren war er schon einmal hier zum Verkaufen. Er ist am Sonntagmorgen schon um 7 Uhr in Ellringen gewesen, um einen guten Stand zu ergattern. Über mehrere Wiesen zieht sich das Spektakel hin. Alles an einem Tag zu sehen, scheint unmöglich.
Zurück zum Ferrari auf der Oldtimer-Wiese: Sein Ferrari, klärt Siegfried Casper auf, ist ein 328 GTS, ein kleiner, aber feiner Unterschied zum Magnum-Ferrari 308 GTO: „Bei dem ist der untere Bereich schwarz, ebenso das Dach, welches man abnehmen kann.“
Bei Caspers Modell sind sogar die Ledersitze in Ferrari-Rot: „Davon gibt es nur drei Exemplare weltweit“, erzählt Casper stolz. Er habe seine Zeit – stolze 30 Jahre – mit dem Ferrari sehr genossen, sei aber nun bereit, sich zu trennen. 99 000 Kilometer hat er mit dem Flitzer schon zurückgelegt. Er fordert Anton auf, sich doch einmal reinzusetzen. Was der begeistert tut. Casper verrät: „Für 90 kannst du ihn gleich mitnehmen!“ Gemeint sind 90 000 – Euro. An sich gerne, unterbricht der Vater, aber der Unterhalt? „Da muss man respekt- und furchtlos sein“, klärt der Besitzer auf. Er habe einen guten Bekannten, Kfz-Mechaniker, der sage immer: Das ist auch nur ein Ottomotor. Und den Zahnriemen könne er auch selbst wechseln. Er komme aus Witzeeze, erklärt der Mann auf Nachfrage: nein, nicht das in Lüchow-Dannenberg, das bei Büchen. Sein Witzeeze schreibe sich anders, weshalb sich Besucher regelmäßig verfahren würden, wenn sie ihn besuchen wollten – weil sie stattdessen im Wendland landeten.
Aus Lüchow-Dannenberg dominieren die bescheidenden Oldtimer – ein Citroen Acadyane etwa, Renault R4, alte VW Käfer Cabrios. Einzige Bedingung für alle: Sie müssen älter als 30 Jahre sein, und in einem „sammlerwürdigen“ Zustand.
„Ellringen“ steht seit Jahrzehnten für eines der größten Oldtimer-Treffen in Norddeutschland, heißt es auf der Homepage des Fördervereins Ellringen, der das Spektakel ausrichtet. Jahr für Jahr fänden mehr als 750 Pkws, Motorräder, Traktoren und Feuerwehrfahrzeuge den Weg in das beschauliche Örtchen an der Neetze. Das Knattern von Horex, Moto Guzzi, der grummelnde Sound einer BMW oder Harley-Davidson lässt Sammlerherzen höher schlagen. Auch die große Anzahl von Schleppern lässt Fans des betagten Blechs vor Freude erstrahlen, wenn Lanz Bulldog, Schlüter, Deutz, Hanomag oder McCormick-Deering über das Oldtimer-Gelände poltern, oder sich würdevoll Jaguare, Rolls-Royce, Porsche oder Cadillacs den Weg durch die Zuschauermenge bahnen. Gegen Abend ist das Fest vorbei, und eine endlose Prozession an wertvollem Blech bahnt sich den Weg in die heimischen Garagen.