Jochen Köhler über lokales Schmetterlingssterben
bv Nienwalde. Jochen Köhler muss man im Wendland nicht mehr vorstellen. Der „Schmetterlingspapst“, so sein heimlicher Titel, referierte vor Kurzem im Rahmen der Gartower Naturtage, einer neuen Veranstaltungsreihe. Köhler versammelte zahlreiche Interessierte, um seinem Fazit über sechs Jahrzehnte Schmetterlingsforschung im Wendland zu lauschen: So lange befasst sich der heute 78-jährige ehemalige Lehrer und heutige Vorstand der BUND-Kreisgruppe bereits mit dem Thema. Und es war durchaus beunruhigend, was die Zuhörenden erfuhren. Köhler fasste es am Ende in einem Satz zusammen: „Was weg ist, ist weg.“ Und das ist enorm viel. Der Rückgang an ehemals lokal zahlreich vertretenen Arten sei schlicht „dramatisch“, sagte Köhler. „Seit der Krefelder Studie 2017 wissen wir, dass die Fluginsekten-Biomasse auch in Naturschutzgebieten um über 75 Prozent zurückgegangen ist. Das ist auch im Wendland klar nachweisbar.“
Eine Reihe von Ursachen sei dafür verantwortlich, allen voran „die ausgeräumte Landschaft“, betonte Köhler. Verantwortlich für das große Faltersterben seien die Veränderung der Lebensräume und die Intensivierung der Landwirtschaft – zu wenige unberührte Flächen, zu viele Nutztiere, zu viel Dünger, viel zu viele Pestizide. Alles Gift für die Kinderstube von Schmetterlingen, die mehrere Entwicklungsstadien durchlaufen. Ein weiteres Problem: die zu frühen Mahdtermine. „Schmetterlinge brauchen Nektar. Wenn man eine Wiese komplett abmäht, verhungern die Schmetterlinge, bevor sie sich fortpflanzen können“, so Köhler. Das Gegenmittel: Vielfalt. Köhler: „Blühende Feldraine waren früher ein Hort des Lebens. Sie sind zum größten Teil verschwunden.“ Wünschenswert wäre das Wiederherstellen dieser Ränder, begleitet von einer Pufferzone, um ein Herüberwehen von Dünger und Ackergiften zu verringern.
Denn immerhin könne das, was an Schmetterlingen noch übrig sei, geschützt werden. Dazu aber müssten Naturschutz und Landwirtschaft zusammenarbeiten. Das sei umso wichtiger, so Köhler, „da es im Wendland bundesweit letzte Vorkommen von extrem seltenen Faltern gibt“, die auf die ebenso seltenen Pflanzen angewiesen seien. Noch fänden sie eine kleine Heimat am Höhbeck oder in den Dummewiesen. Dort gebe es Areale „in idealer Ausprägung: blütenreich, von Hecken umsäumt, Hügellandschaften mit Wald und windgeschützten Bereichen. Schmetterlinge lieben das.“