Als Autodidakt begonnen

Krimi-Bestseller-Autor Eric Berg: Neuer Roman / Ein Canario als Held

bv Dannenberg. Die Katze hat es sich im Sessel vor dem offenen Kamin gemütlich gemacht. „Sie maunzt, wenn das Feuer nicht brennt“, berichtet Eric Berg. Weswegen er sich bemühe, die Katze möglichst erst am Nachmittag reinzulassen. Sie heißt natürlich Mimi, „wegen des Krimis“, dem alten Schlager, und komme regelmäßig vorbei. Aber der Schriftsteller vermutet, dass sie mindestens noch ein zweites Zuhause hat – auf dem Dorf ist das so. Katzen suchen sich ihre Herrchen aus.

Eric Berg zählt zu den erfolgreichsten deutschen Krimiautoren. Seit März 2020 lebt er in einem kleinen Dorf bei Dannenberg.

Vor drei Tagen ist sein neuester Kriminalroman erschienen. „Roter Sand“ ist eine Premiere: Er spielt auf Gran Canaria, Bergs Winterdomizil. Seine bisherigen Krimis spielen allesamt auf norddeutschen Inseln.

„Ich wollte 2020 unbedingt aus Berlin aufs Land ziehen, raus aus Berlin“, erinnert sich der 56-Jährige. „Was die Natur angeht, wollte ich in einem verschlafenen Dorf leben. Was die Menschen angeht, wollte ich aber ein aufgewecktes Dorf. So habe ich das meinen Freunden erzählt“, erinnert sich Berg. Seine Schwester und eine Freundin hätten unabhängig voneinander empfohlen, doch mal im Wendland zu suchen.

„Das kannte ich, da war ich als Jugendlicher mal, hatte aber keine Erinnerungen mehr. Außer Gorleben: Das war mir ein Begriff. ,Wegen der Proteste sind da interessante Menschen hängengeblieben‘, wusste meine Schwester.“

Berg besichtigte schließlich drei Häuser. „Bei dem, wo ich heute wohne, war es keine Liebe auf den ersten Blick. Aber ich hatte gleich eine Verbindung – hier würde ich mich wohlfühlen. Ich wollte einen Garten, umwachsen, mit altem Baumbestand.“

Die Wahl war klug, sagt Berg: In seinem Dorf gibt es eine aktive Gemeinschaft, die einiges auf die Beine stellt.

Sein Pech: „Ich war gerade eingezogen, da begann der Lockdown“. Schwierig für den gebürtigen Hessen, sich im neuen Dorf vorzustellen – „ich habe dann einfach abgewartet“.

Als es wieder erlaubt war, wollte ihn der Frauenstammtisch kennenlernen. Berg ging in die Kneipe und wunderte sich, dass wirklich nur Frauen versammelt waren – worauf hin der Stammtisch zum „Mischtisch“ erweitert wurde. Auch Männer sind seitdem willkommen. Berg führte später die „kanarische Party“ im Dorf ein: Einmal im Monat bringt jeder, der mag, eine Kleinigkeit mit, und im Garten wird reihum gemeinsam gefeiert.

Vor dem 56-Jährigen liegt sein neuester Roman: „Roter Sand“, mit Aufkleber: „Spiegel-Bestsellerautor“. Ein gutes Gefühl? „Naja“, lächelt Berg, genau wisse er es nicht, aber „das ist ungefähr mein zwanzigstes Buch, da ist man nicht mehr so aufgeregt“.

Etwas besonderes ist es gleichwohl: Zum ersten Mal ermittelt Fabio „Flaco“ Lozano auf Gran Canaria. Da Berg dort selber gern überwintert, weiß er, wovon er schreibt, wenn er seinen Ermittler über die beliebte kanarische Insel schickt. Der Leser erfährt bei der Lektüre auch etwas über Orte, die man als Tourist nie zu sehen bekommt, gleichsam die schmuddeligen Hinterhöfe der Insel.

Dabei ist Berg in Gedanken schon wieder viel weiter. „Während dieses Buch erscheint, arbeite ich bereits am übernächsten Projekt“, erklärt er.

Das nächste Buch sei auch schon fertig, nach der Abgabe dauere es bei großen Verlagen ungefähr zwölf Monate, bis das Buch erscheine.

Für gewöhnlich steht Berg morgens auf und beginnt nach dem Frühstück, zu schreiben. „So drei bis vier Stunden, manchmal länger. Da ist der Kopf noch frei und unbelastet vom Alltag.“ Den Nachmittag nutzt er für Haushalt, Einkauf, Freunde treffen. Im Grunde schreibe er jeden Tag, „das ist ja keine Arbeit, sondern macht mir Spaß“. Natürlich sei er auch mal krank, selten habe er mal keine Lust, und im Urlaub schreibe er auch nicht. Aber sonst: jeden Tag.

Er lese auch Krimis, aber nur, wenn er selber gerade keinen schreibe. Begonnen hat er mit dem Schreiben als reiner Autodidakt, mit historischen Romanen. Gleich sein Erstling, „Die Herrin der Päpste“, wurde ein Erfolg – kein Best-, aber ein Longseller – das Buch verkauft sich bis heute gut.

Irgendwann war der Trend mit den Historienromanen zuende, und Berg begann mit Krimis. „Eric Bergs Art, Spannung zu erzeugen, ist eine subtile, eine sich anschleichende. Die Wirkung ist umso effektvoller“, fand eine große Zeitung, und SWR1 lobte: „Ein intelligent gemachtes, dramatisches Verwirrspiel“ über „Das Nebelhaus“, seinen ersten Krimi. Christine Westermann zeigte sich in ihrer Literatursendung begeistert. „Das war toll, das gab richtig Aufwind. Inzwischen bin ich in der Spiegel-Bestsellerliste öfter vertreten. Wie es jetzt läuft, kann ich noch nicht sagen. Über Zahlen darf ich nicht sprechen, aber die Vorbestellungen liefen gut, hat mir mein Verlag mitgeteilt.“

Und warum die Kanarischen Inseln?

„Ich verbringe seit vielen Jahren die Winter auf Gran Canaria. Das Publikum ist international und vielfältig, die Insulaner sind geduldig und entspannt. Das Leben ist ganz anders als in Deutschland. Dazu das Meer, der Wind, die Berge, das gute Essen. Das Leben auf der Insel hat mich als Residenten verändert – langsam, aber stetig. Man wird einfach gelassener.

Und so überkam mich an einem warmen Wintertag die Lust, einen Canario zum Helden eines Krimis zu machen. Der auch mit dem Mundwerk locker ist. Mein Held Flaco grübelt wenig, dafür handelt er spontan und beherzt. Gewissermaßen ist er ein Querschnitt der Canarios, die ich im Laufe der Jahre kennengelernt habe, nur zugespitzter.“

Frage: Kritiker fanden Ihre Krimis „nervenzerreißend, beklemmend und realitätsnah“. Können Sie ihre Arbeitsweise skizzieren?

Berg: „Mich interessieren die ,normalen Menschen‘, die in eine ausweglose Situation geraten“. Im Grunde könne es jeden erwischen, dass man ungewollt zum Mörder werde. „Den Plot entwerfe ich nicht am Computer. Ich setze das aus Versatzstücken zusammen. Das ist wie bei einer Zuckerwatte: von überall fliegen die Fetzen, und am Ende kommt so ein Ding raus. Nur der Schuldige: Der steht von vornherein fest.“ Und was ist das schwierigste beim Krimischreiben?

„Das ist etwas, was den Krimi von allen anderen Gattungen unterscheidet“, erläutert Berg: „Beim Krimi muss am Ende alles logisch sein. Und Vorsicht: Wenn man die Leser veräppelt, nehmen sie einem das total übel. Deshalb: Keine Zufälle einbauen, kein Kaninchen aus dem Hut zaubern.“

Die größte Schwierigkeit sei das Ende: „Es muss nicht nur logisch, sondern auch völlig überraschend sein. Und trotzdem hätte es der Leser schon selber rausfinden können“. Ein Trick von ihm sei, das „besonders Informative im besonders Harmlosen“ zu verstecken. „Es ist nicht einfach, aber letztlich ist es wie bei jedem Handwerk“, lächelt Berg: „Die Übung machts. Und Geigenbauer haben es ja auch nicht leicht.“

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