Kämpfe um den Horst

Wussegel: Schon wieder schwer verletzter Storch

bv Wussegel. Es müssen dramatische Luftkämpfe in Wussegel gewesen sein: Ein fremder Storch greift das Pärchen auf dem Horst an. Sein Ziel: entweder nur der Horst oder gleich ein Nest mit Partnerin. Dazu muss der Kontrahent beseitigt werden. Störche sind da nicht anders als Menschen – im Krieg und in der Liebe ist alles erlaubt, heißt es in einem Sprichwort. Das allerdings ist reine Spekulation. Das angestammte Männchen auf dem reetgedeckten Fachwerkhaus lässt sich jedenfalls nicht so leicht vertreiben.

Wieder kommt es zum Angriff: Der Storch fliegt an, hackt mit dem Schnabel, versucht, den Widersacher aus dem Nest zu stoßen. Ein Zuschauer, der sich später bei Antje Fäseke meldete, beobachtete, wie die Federn auseinander flogen. „Die hauen sich ordentlich auf die Mütze“, meint Storchenbeauftragte Antje Fäseke dazu lakonisch. Der Kampf endet mit dem selben Ergebnis wie schon vor zwei Wochen: Am Ende liegt der Angreifer mit gebrochenem Flügel am Boden. Er wäre dem Tod geweiht – wären da nicht Antje Fäseke und ihre Helfer. In dem Fall ist es Michaela Siewert, die Frau von Tierarzt Otto Meyer aus Lüchow.

Sie nimmt sich an dem Sonntag die Zeit, nach Wussegel zu fahren, das verletzte Tier zu bergen und in die Wildtierauffangstation von Jaden Ernst zu bringen. In Eigenregie hat der 23 Jahre alte Ernst, der Tiermedizin studieren möchte, ein Wildvogel- und Artenschutzzentrum in der Nähe von Lüneburg aufgebaut. Mittlerweile ist er ein gefragter Experte. Unterstützung bekommt er von Tierärzten. Dort wurden die verletzten Störche hingebracht, wurden medizinisch versorgt und werden wieder aufgepäppelt – mit dem Ziel, sie wieder auszuwildern. „So viele Westzieher drängen immer weiter westwärts“, erläutert die Storchenbeauftragte. Zur Erläuterung: Einige Weißstörche fliegen die westliche Route ins Winterquartier nach Afrika – die Westzieher. Rund 80 Prozent aber fliegen die Oststrecke Richtung Schwarzes Meer, folgen der Küstenlinie und überfliegen die Meerenge des Bosporus – die Ostzieher. „Unsere angestammten Ostzieher wollen im Frühjahr wieder in ihre Nester. Wenn die dann ankommen, gibt es mächtig Kämpfe mit denen, die schon da sind. Zusammenfassend kann man sagen: Es werden nicht mehr Reviere, aber im Prinzip mehr Störche – ein hochaktuelles Thema.“

Immer gebe es in dieser Jahreszeit Kämpfe, so Fäseke: „Das ist normal. In Wussegel hat in diesem Jahr bisher immer das unberingte Paar gewonnen. Die Ringträger wurden abgedrängt.“

Alle Störche hätten ähnliche Kampftechniken. „Es gibt welche, die von unten picken – die Opfer weisen dann typische Bauchverletzungen auf. Und es gibt die mit ‚Flugschaden‘, durch Stürze verursacht.“ In diesem Jahr gebe es „allerdings schon auffällig viele Kämpfe. Das zieht sich noch bis Mai hin“, prognostiziert Fäseke.

Dank einer Aufnahme vom Ring weiß Fäseke übrigens mehr über den Angreifer: „Das ist die Markierung ‚DEH BO (wie Otto) 01‘. Ein fast fünfjähriges, in Klein Schmölen geschlüpftes Männchen. Er ist auch schon in Nienwedel abgelesen worden und durch heftige Kämpfe – er hat die Eier beim ansässigen Brutpaar rausgeschmissen – in Salzwedel aufgefallen. So ein Ring ist ein bisschen wie ein polizeiliches Führungszeugnis“, schmunzelt Fäseke.

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