Abschied mit Appell: „Seid mutig!“
rs Dömitz. Applaus in einer nahezu voll besetzten Kirche – dies erlebt man selten, mal bei Konzerten, bei Gottesdiensten eher nicht. Doch die Gäste, die am Sonntag in die Dömitzer Johanneskirche gekommen waren, klatschten während einer solchen Zeremonie lautstark und anhaltend. Sie lobten damit das Engagement der Pastorin Inga Roetz-Millon, die an diesem Tag nach fünfeinhalbjähriger Tätigkeit in der Gemeinde Dömitz-Neu Kaliß verabschiedet wurde. Das Handgeklapper galt aber auch ihrem Mann Elmar Roetz, der als Musiker, Organist und Chorleiter in der Gemeinde wirkte. Beide haben sich große Verdienste erworben – bei großen öffentlichen Veranstaltungen, erst jüngst bei der Jubiläumswoche, ebenso wie im Stillen, bei Einzelgesprächen. Ihr gemeinsames Ziel, mit den beiden Töchtern Lilith und Maja, ist die Kirchengemeinde Rellingen, wo Roetz-Millon im Kirchenkreis Hamburg West/Südholstein eine der beiden Pfarrstellen übernehmen wird.
Als sie nach Dömitz/Neu Kaliß kam, um ihre erste Pfarrstelle anzutreten, sei sie gewarnt worden, so Roetz-Millon: davor, dass die Menschen schwierig seien, dass dort nichts los sei. „Seid ihr nicht – zumindest nicht schwieriger als andere“, unterstrich die 1988 geborene Pastorin, die als Schwerpunkt ihrer Arbeit Erwachsenenbildung, Gemeindeentwicklung und kulturelle Projekte nennt. Sie sei von der Gemeinde in dieser Zeit, die nicht immer einfach war – auch, weil sie parallel zu ihrer Vollzeitstelle die Erziehung ihrer Kinder nicht aus den Augen verlieren wollte –, „getragen, sicher auch mal ertragen worden“. Durch dieses enge Miteinander sei ihr ihre Gemeinde ans Herz gewachsen. Doch Abschiedsschmerz ließ Roetz-Millon nicht zu: „Das Leben ist geprägt vom Ankommen und Verabschieden“, kommentierte sie. Sie möge Herausforderungen, ja brauche sie. Auch deshalb stünde nun ein Ortswechsel an. Auch in Dömitz/Neu Kaliß werde sich, müsse sich etwas ändern. Die Theologin appellierte an die Gäste, den zum ersten Advent zu bestimmenden Kirchengemeinderat zu unterstützen, bei der Gemeindearbeit mutig zu sein. „Wer Reformen zu lange herausschiebt, kann sie nicht mehr gestalten“, sagte sie. Und: „Die Gesellschaft braucht eine mutige, zeitgemäße Kirche.“
Ab dem 1. November übernimmt Pastorin Konstanze Helmers übergangsweise ihren Posten. Über die Neubesetzung wird im Weiteren entschieden.
„Ich empfinde Wehmut und ehrliche Dankbarkeit“, berichtete der katholische Diakon Christophorus Baumert hinsichtlich des Weggangs von Roetz-Millon. „Ihr Wirken war wie der Sauerstoff, der die Flamme zu neuem Leben erweckt“, erläuterte er – auch hinsichtlich der ökumenischen Zusammenarbeit beider Gemeinden. Propst Dirk Sauermann lobte die Pastorin für ihr großes, mitunter unkonventionelles Engagement, dankte ihr für den Einsatz von Gaben und Kräften.