„Bärenfangen“ zu Weihnachten

DDR-Spezialiät wurde in den Westen geschickt

kek Lütkenwisch. „Es war einmal“ – so fangen zwar Märchen an, aber das hier ist eine wahre Geschichte: In dem kleinen Ort Lütkenwisch gab es zu DDR-Zeiten einen Imker. Nun, dieser hatte natürlich auch Kollegen im nahe gelegenen Lenzen und im etwas weiter entfernten Wittenberge. Sie alle waren Meister ihres Faches, Honig zu ernten, der dann über einen Meißener Exportbetrieb aufgekauft und als Qualitäts­honig in die damalige BRD geliefert wurde.

Diese Imker hatten natürlich auf der Westseite diverse Angehörige, und da erhob sich eines Jahres, nachdem in der DDR vieles knapp geworden und noch mehr mit „Ausfuhrverbot“ auf die Westseite belegt wurde, die große Frage: „Was schicken wir unseren Verwandten zu Weihnachten?“

Honig selbst kam nicht in Frage. Da gab es ohnehin die ganz private Ausfuhr in den kleinen „Rahmbutter“-Behältnissen, die, da sie aus Plastik waren, die von der Post zelebrierten Wurfsendungen wenigstens immer heil überstanden. Bei den altbekannten Honiggläsern dagegen hatte es immer wieder unliebsame klebrige Überraschungen bei den Empfängern gegeben. Und überhaupt: „Verschont uns mit eurem Honig“, hatten die Verwandten geschrieben, weil sie des monatlich eintreffenden Naturproduktes einfach nicht mehr Herr wurden.

Da kam die Frau des Imkers auf eine glorreiche Idee: „Wir machen eben Bärenfang. Der schmeckt wunderbar, und die Zutaten dafür haben wir ja!“

Dazu sei angemerkt, dass man mitnichten einen Bären fangen muss, um dieses süffige Getränk herstellen zu können. Der Name ist vermutlich dadurch entstanden, dass es mit Sicherheit möglich war und noch immer ist, besagtes Pelztier mit diesem edlen süßen Tropfen anzulocken und zu fangen, denn Bären sind bekanntlich große Feinschmecker.

Gedacht, getan, und so wurden die Verwandten sowie Verwandten der bienenzüchtenden Bekannten fortan mit Bärenfang versorgt. Und dieses lieblichen Getränkes wurden die Bescherten nie überdrüssig – denn das gab es als besondere Spezialität ja eben nur zu Weihnachten.

Der Legende nach kommt der „Petzfang“ übrigens aus dem Raum des ostpreußischen Königsbergs. Da das Jagen in früherer Zeit allein dem Adel vorbehalten war, kamen schlaue Bauern – um ihre Schafherden zu schützen – auf den Gedanken, Bären mit diesem Trunk anzulocken, zu fangen und klammheimlich zu beseitigen.

Und hier das Rezept: Der Inhalt einer 0,7-Flasche guten Wodkas wird mit 333 Gramm Lindenhonig verrührt. Fertig! Allerdings sollte man das Getränk noch einige Tage reifen lassen. Wer möchte, kann eine Vanillestange oder die Schale einer Bio-Zitrone zugeben. Denn auch hier gilt: Je besser die Zutaten, desto besser der Likör.

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