Bauernhof on tour

Tagespflege hatte Besuch von Kälbchen und Hahn

bv Lüchow. „Wenn wir nicht alle zum Bauernhof können, dann kommt der Bauernhof eben zu uns“: So fasste Gastgeber Marco Schiewe von der gleichnamigen Tagespflege in Lüchow den besonderen Thementag am Dienstag vergangener Woche zusammen. „Fast alle unserer Tagesgäste haben früher in der Landwirtschaft gearbeitet. Deshalb die Idee. Eine Kollegin sagte: Wir haben doch Kühe! Die bringe ich mit.“ Einen Hahn hat Ramona Bätge dann auch gleich mitgebracht. Beziehungsweise hatte sie ihren Sohn Robin gebeten, dass zu übernehmen.

Im Garten der Tagespflege ist Robin mit seinem Kälbchen „Erasure“ umringt von neugierigen Tagesgästen. Sie brühren das Kälbchen vorsichtig, welches geduldig die Streicheleinhiten über sich ergehen lässt. Robin Bätge stammt aus Teplingen. „Im Nebenwerwerb haben wir eine Landwirtschaft mit neun Milchkühen – seit 50 Jahren schon. Wir nehmen sogar teil an regionalen und nationalen Schauen. Einmal waren wir bei einem internationalen Wettbewerb in der Schweiz mit unseren Kühen.“ Wie kommt das? „Mein Opa hat früher Milchkontrolle gemacht auf den Höfen. Er hat deshalb den Nebenwerb von seinen Eltern übernommen, und mein Vater dann von ihm.“

Das erst drei Wochen alte Kälbchen ist eine Holstein-Friesian, eine „deutlich auf Milchproduktion“ ausgerichtete Rasse. Die Tiere sind groß, haben lange Beine und wenig Muskelmasse.

Robin berichtet den Tagesgästen von der schwierigen Situation in der Landwirtschaft.

Es werde neuerdings gesetzlich viel Wert auf Tierkomfort gelegt, was natürlich berechtigt sei. „Aber die Lage in der Landwirtschaft ist momentan recht angespannt. Immerhin bekommen wir zur Zeit einen Milchpreis von 58 Cent pro Liter – das ist sehr gutes Geld. Bei der momentanen Kostensituation ist das auch sehr wichtig. Futter, Strom, Wasser – alles ist viel teurer geworden.“ Robins Mutter Stefanie Bätge arbeitet als Pflegedienstleitung in der Tagespflege. Sie begleitet eine ältere Dame, die „Erasure“ über den Kopf streichelt. „Wie lange haben sie keine Kuh mehr angefasst?“ fragt die Pflegerin. „Lange“, antwortet die Dame lächelnd. Sie ist schon 95 Jahre alt – und hat früher selber auf einem Bauernhof gearbeitet.

„Tiere haben einen tollen Effekt auf demenziell Erkrankte“, berichtet Marco Schiewe. „Einige unserer Tagesgäste leiden darunter. Durch Kontakt mit Tieren kommen Demenzkranke richtig runter. Man merkt, wie sich wohl fühlen. Wir haben deswegen auch öfter einen Hund zu Besuch. Auch der hat einen total positiven Effekt auf die Gäste“.

Auch Mitarbeiterin Ulrike Liwke bestätigt das. „Viele unserer Gäste haben eine positive Grundeinstellung zu Tieren, durch ihre frühere Arbeit.“

Laut dem Kuratorium Deutsche Altershilfe vermitteln Tiere Lebensfreude und öffnen gleichsam Welten – auch die Tür zur Welt der Demenzkranken. Egal, ob Hund, Katze oder Kaninchen, ob Haustier, Stationstier oder Besuchstier: Tieren gelinge es, auf der passenden, nonverbalen Ebene einem demenzkranken Menschen zu begegnen und mit ihm in Kontakt zu treten. „Das ist die Ebene der Emotionen und sinnlichen Wahrnehmungen: Streicheln, Berührungen, Wärme, die bedingungslose Akzeptanz durch das Tier. Es vermittelt einem Menschen, der unter dem Verlust seiner geistigen Fähigkeiten leidet, Wärme und Geborgenheit, ein Gefühl des Angenommen- und Verstandenseins.“ Frage: Wie wirken Tiere im Kontakt mit demenzkranken Menschen? „Sie urteilen, bewerten und kritisieren nicht – eine wichtige und rar gewordene Erfahrung für die Kranken. Und sie vermitteln bedingungslose Nähe und Zuwendung, emotionale Wärme, ermöglichen Körperkontakt und stärken so das Selbstwertgefühl des Kranken, der sich als wertvoll und liebenswert empfindet“, ergänzt Rommy Schiewe.

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