Minderungsgrund Kakerlaken

Serie Mietrecht: Ungeziefer berechtigt zu weniger Mietzahlung

bsc Hitzacker. In ihrem heutigen Fall unserer Serie Mietrecht aktuell beschäftigt sich Fachanwältin Barbara Schneeberg aus Hitzacker mit folgendem Fall: Der Vermieter erwarb im Jahre 2018 ein Objekt, in dem sich ein Ladengeschäft für Damenbekleidung befand. Aufgrund des Kaufs des Objektes trat er in den Gewerberaummietvertrag ein. Der Gewerberaummieter hatte Mietrückstände, so dass der Vermieter eine Räumungs- und Herausgabeklage gegen den Mieter betrieb. Der Mieter hatte die monatliche Miete gemindert, da er nach Beginn des Mietverhältnisses im Jahr 2016 einen Kakerlakenbefall in den Innenräumen des Ladengeschäfts feststellte. Zwischen den Parteien ist streitig, ob der Vermieter den Einsatz eines Kammerjägers angeboten hatte und der Mieter diesen abgelehnt hatte. Das Landgericht verurteilte den Mieter zur Räumung und Herausgabe der Gewerberäume. Hiergegen wandte sich der Mieter mit seiner Berufung gegen das Urteil.

Die Entscheidung: Der Mieter hatte Erfolg. Das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe gab der Berufung des Mieters statt und wies die erhobene Klage des Vermieters ab. Das Gericht sah keinen kündigungsrelevanten Rückstand, da dem Mieter ein Minderungsrecht in Höhe von mindestens 30 Prozent zugestanden habe. Den seitens des Mieters behaupteten erheblichen Kakerlakenbefall sah das Gericht als erwiesen an. Das Vorhandensein von Ungeziefer im gemieteten Ladengeschäft stellt einen Mangel des Mietobjekts dar, so dass OLG.

Das Gericht verwies darauf, dass der Mieter eines Ladengeschäfts nicht mit einem Kakerlakenbefall zu rechnen brauche. Auf die Ursache des Mangels komme es für die Feststellung desselben nicht an. Unerheblich für die Feststellung des Bestehens eines Mangels sei auch, ob und inwieweit den Vermieter ein Verschulden treffe. Aufgrund des Kakerlakenbefalls sei die Tauglichkeit der Geschäftsräume zum vertraglich vereinbarten Zweck (Betrieb eines Bekleidungsgeschäfts) erheblich herabgesetzt. Das Gericht verwies darauf, dass Kundinnen/Kunden in Deutschland in einem Bekleidungsgeschäft keinen Ungezieferbefall erwarten. Der Mieter müsse jederzeit damit rechnen, dass Kakerlaken von der Kundschaft wahrgenommen werden. Diverse Kundinnen hatten zudem Kakerlaken gesehen. Zum einen leidet der Ruf eines Bekleidungsgeschäfts aufgrund eines Ungezieferbefalls erheblich, zum anderen musste der Mieter auch mit sogenannten Fraßschäden durch Kakerlaken rechnen. Der wirtschaftliche Wert des Ladengeschäfts war unter diesen Umständen nach Auffassung des Gerichts um mindestens 30 Prozent gemindert. Gründe, die zu einem Minderungsausschluss führen konnten, sah das Gericht nicht als erwiesen an. Hier wurde in der Beweisaufnahme insbesondere der Behauptung des Vermieters nachgegangen, dass dieser ein Einsatz eines Kammerjägers angeboten hatte. Die Auswertung der Zeugenaussagen hatte jedoch nicht zu der sicheren Feststellung geführt, dass der Vermieter tatsächlich den Einsatz eines Kammerjägers angeboten und der Mieter den Einsatz desselben abgelehnt hatte.

Hinweis: Die zum Ansatz gebrachte Minderungsquote in Höhe von mindestens 30 Prozent ist verhältnismäßig. Die häufig von Gerichten zögerlich gewährten Minderungsquoten sind aus Mietersicht kaum verständlich. Insbesondere in der Gewerberaummiete muss das wirtschaftliche Risiko, dem sich der Gewerberaummieter ausgesetzt sieht, Berücksichtigung finden. Der Vermieter sollte bei Mängelmeldungen umgehend versuchen, Abhilfe zu schaffen. Bei Ablehnung von Mängelbeseitigungsmaßnahmen durch den Mieter sollte der Vermieter diese durchsetzen, um keinen Minderungsgrund zu bieten.

Die Serie wird fortgesetzt.

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