Die Mühen der Ebene

Serie Teil II: Elke Pengel geht den Jakobsweg

bv Lüchow/Santiago. Danach gefragt, warum sie denn den Jakobsweg gegangen sei, hat Elke Pengel eine schnelle Antwort parat. „Ich hatte auch das Buch von Hape Kerkeling gelesen, ‚Ich bin dann mal weg‘, Anfang der 2000er-Jahre, und dachte: Was der kann, kann ich auch“, berichtet die Lehrerin aus Lüchow. Kerkeling beschreibt darin seine Pilgerreise nach Santiago de Compostela – zu Fuß. „Allerdings muss ich warten, bis meine Kinder groß sind“, dachte Pengel damals.

Vergangenes Jahr war es so weit, alles passte: Ihre beiden Söhne waren groß, ihr Mann war einverstanden, und sie hatte auf einem Zeitkonto genügend Urlaub angespart, um den Jakobsweg in einem Rutsch bewältigen zu können.

„Ich hatte drei große Herausforderungen in meinem Leben, die ich ohne Vorerfahrung meistern musste, und mir war nicht klar, ob ich sie bewältige: zuerst mein Jahr als Aup-air in den USA, in Washington. Ist gut gegangen. Das Zweite war die Geburt meines ersten Sohnes. Aimo ist inzwischen 20, ist auch gut gegangen. Das Dritte war der Jakobsweg.“ Rückblickend könne man sagen: „Ist auch gut gegangen. Aber es gab Phasen, da war es nicht klar, ob ich es bis zum Ende schaffe“, berichtet Pengel. Die Mühen der Ebene – sich jeden Tag erneut auf den Weg machen, jeden Tag 15 bis 20 Kilometer wandern, dazu einen fast zehn Kilo schweren Rucksack auf dem Rücken, die Sonne, die schon vormittags unerbittlich scheint. Das Rezept dagegen ist einfach: Man muss sehr früh starten.

„Oft bin ich schon um 4.30 Uhr aufgestanden und losgegangen. So schafft man viel Strecke vor der Mittagshitze und kann dann eine Siesta machen. Oder ist dann schon am Ziel und kann sich ausruhen, bevor der Abend anbricht.“

Spanische Pilger bekommen Vorteile bei der Jobvergabe

Das machten viele Wanderer so – anders ginge es gar nicht, berichtet Pengel. Und dann? „Man muss keine Angst haben, nicht unterzukommen auf dem Jakobsweg“, so die 50-jährige: Herbergen finde man immer entlang des Caminos, aber aufgrund des großen Andrangs sei es durchaus sinnvoll, Betten oder Zimmer vorab zu buchen, berichtet Elke Pengel.

Laut Statista pilgerten exakt 438 682 Menschen aus der ganzen Welt im Jahr 2022 auf dem Jakobsweg – davon allein 239 609 Pilger aus Spanien. „Das hängt mit bestimmten Vorteilen zusammen, die man als Spanier bekommt, wenn man den Jakobsweg gegangen ist – etwa bei der Jobvergabe. Dabei reicht übrigens der Nachweis über das letzte Stück, etwas über 100 Kilometer“ – entsprechend voll ist der letzte Teil des Weges, vor Santiago.

Apropos: Wie läuft das mit den Nachweisen? „Jede Herberge, jede Kirche und jedes Restaurant hat im Grunde einen eigenen Stempel, den man sich ins Pilgerbuch geben lassen kann. So hat man im Anschluss einen Nachweis über jeden einzelnen Abschnitt“, erklärt Pengel. Das Pilgerbuch ist so ähnlich wie ein Reisepass: „Aber ich werde mir beim nächsten Pilgerweg nicht mehr überall Stempel holen, sonst ist das Buch zu schnell voll.“

Trotzdem ist man phasenweise auf dem Jakobsweg immer wieder ganz für sich und ganz allein unterwegs. Allein gefühlt habe sie sich allerdings nie – vielleicht einmal, auf einer Etappe, die 20 Kilometer durch das Nichts führte. Kein Haus, keine Straße, keine Herberge – nur Ebene.

Übrigens habe sie gelernt, Höhenlinien auf der Wanderkarte zu lesen – der Jakobsweg hat es in sich, was die Höhenunterschiede betrifft. „Das Höhenprofil ist für Flachlandtiroler wie mich nicht ohne“, berichtet Pengel: Der Start in den Pyrenäen ist herausfordernd, auch die Hochebene Meseta sei für Ungeübte schwierig.

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