Die Sage von der Burg in Lüchow

Über die verunstaltete Gräfin mit dem großen Eberzahn

Lüchow. War es der große schwarze Hund, der spukte, oder war es die weiße Frau, die durch den Turm huschte? Wer in der Dunkelheit dem Untier begegnete, den hielt es gebannt an der Stelle fest. Regungslos musste derjenige dort wie angekettet stehen, bis der Morgen anbrach. Dann erst konnte er seine Glieder wieder bewegen.

Die weiße Frau spukte durch die Burg. Sie wurde schon vor dem Brand 1811 von einer Schildwache eines französischen Obersten gesichtet. Denn am 24. April 1811 gegen 18.30 Uhr breitete sich in einer Brennerei in Lüchow ein Feuer rasend schnell aus: Vom Amtsberg bis zur Rosenstraße, von der Jeetzel bis zur Drawehner Straße blieben nur Ruinen.

Der Oberst, der seinerzeit auf der Burg Quartier bezogen hatte, näherte sich der Gestalt, die daraufhin verschwand. Über dem turmartigen Eingang am rechten Flügel des Schlosses war ein in Bruchstein gehauenes Bild zu sehen. Es zeigte einen Amboss. Der Schmied hielt einen menschlichen Kopf in der Zange und war dabei, diesen zu verarbeiten. Daneben stand eine weibliche Person, der ein langer Zahn aus der Kinnlade schaute. Zu dieser Darstellung war eine Inschrift mit den Worten zu sehen: „Wer die Tugend hat bezwungen, dem schaden nicht die bösen Zungen.“

Eine Sage erzählt, eine frühere Gräfin von Lüchow sei mit einem Eberzahn verunstaltet worden. Sie beschloss zu heiraten und ließ im Lande ausrufen, dass sie denjenigen heiraten wolle, der auch einen ähnlichen Makel habe. Es meldete sich ein Edelmann, der auch gekennzeichnet war. Er war ein hübscher Mann. Wie die Sage erzählt, sei die Gräfin in Liebe entbrannt. Doch hatte sie Bedenken, dass sich so eine Verunstaltung fortpflanzen könne. So beschloss sie und gab den Befehl zur Enthauptung. Aus dem vom Rumpfe geschlagenen Kopf ließ sie vom Schmied den Zahn herausschlagen. Als Liebeszeichen soll die Gräfin den Hauer aufbewahrt haben.

Eine andere Sage sagt, dass die Gräfin nicht verunstaltet, sondern eine Schönheit war. Sie ließ bekannt geben, dass sie den schönsten Mann des Reiches ehelichen wollte. Auf diesen Aufruf meldete sich ein Schmiedegesell, der sich für wunderschön hielt. Die Gräfin war erzürnt über diese Frechheit und ließ den Freier enthaupten. Als Strafe wuchsen der Adeligen die Zähne immer länger, sodass diese wie Eberzähne aussahen. Es ist auch überliefert, dass die Gräfin Gelüste nach dem Gehirn von Heringen hatte. Es soll ihre Lieblingsspeise gewesen sein. Sie verzehrte so viele Gehirne, dass sie in Armut gefallen sei. Die große Zahl der ausgeweideten Heringe soll einer Schmiede- oder Maurerinnung gegeben worden sein. Als Erinnerung und Wahrzeichen führten diese am Fastnachtstage einen Hering an der Kette durch die Stadt. ↔Undine Stiwich

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