Der 17-jährige Pianist Aaron Greese aus Hitzacker studiert bereits in Rostock
tj Hitzacker. „Schwer zu sagen“, zögert Aaron Greese auf die Frage danach, was er an der Musik Schuberts besonders schätze. Um dann doch recht genau fortzufahren: „Mich spricht der Wechsel zwischen einer eigentlich nur vordergründigen Fröhlichkeit des Es-Dur-Beginns und der schönen Traurigkeit der dann folgenden Teile in Moll sehr an“, sagt er über das zweite der drei Klavierstücke (D 946). Und spielt dann über das Telefon ein paar Takte. Zuvor schließt er das Fenster – Aaron Greese sitzt in einem der Übungszimmer der Musikhochschule Rostock, wo der 17-jährige Hitzackeraner in diesem Jahr ein Frühstudium aufgenommen hat. „Wenn wir üben, müssen die Fenster zu sein.“ Mit dem Schubert-Stück wird er bei den Sommerlichen Musiktagen zu hören sein. Was er über dessen Musik denkt? Sie habe, so Greese, der nach der Realschule das Abitur in den Blick nimmt, in ihrer eindringlichen Mischung aus Melancholie und Heiterkeit auch heute etwas zu sagen: „Das wirkt schön und fröhlich – aber das ist nicht die Wahrheit.“ Auch er kenne aus seinem Leben Momente, in denen diese Musik sein Lebensgefühl treffe. „Aber vielleicht geht es nur mir so?“
Wenn er Schubert spiele, falle ihm auf, dass „ich ihn immer durchspielen möchte, dass ich ungern unterbreche, um einzelne Stellen einzustudieren“, sagt er. Die Musik sei „in ihrer zarten Art leicht zerbrechlich“, aufzuhören bedeute immer, diese Stimmung zu zerstören. Als Musiker komme es darauf an, „das Schlichte zu halten“, gerade bei „den kleinen, subtilen Traurigkeiten“ nicht zu übertreiben. „Die Schönheit kommt aus der Einfachheit“, zitiert er seinen Rostocker Professor Stephan Imorde. Der hatte ihn gleich zur Aufnahmeprüfung für das Frühstudium eingeladen, als er sich in Rostock im Frühjahr 2020 zum ersten Mal vorgestellt hatte. Wegen Corona sei das zunächst im Sande verlaufen. Dann kam die Sommer-Akademie des Pianisten Hinrich Alpers aus Uelzen – der habe ihm geraten, sein Talent auszubilden. Der Weg führte erneut nach Rostock. Die musikalischen Grundlagen von Aaron Greese wurden in Hitzacker gelegt, wo er, aus Simander kommend, seit 2013 mit seiner Familie auf der Stadtinsel lebt. Er war Schüler von Achim Oerter und Klaus Menzel, erste pianistische Grundlagen hatte ihm die Freie Schule vermittelt. Zu den Pianisten, die Aaron Greese schätzt, gehört auch András Schiff, der bei den Sommerlichen spielen wird: „Ich kann es gar nicht erwarten“, sagt er. Auch Fazil Say, Artur Rubinstein und Grigori Sokolov möge er.
Schubert hat Aaron Greese schon als Kind kennengelernt, „meine Großmutter war Sängerin, so habe ich viele der Lieder gehört“, erinnert er sich. Es würde ihn reizen, Liedbegleitungen zu spielen – auch wenn „ziemlich alles schwer ist. Aber ich würde sofort zusagen, und erst dann sehen, ob ich es spielen kann.“ Außer Schubert wird er in Hitzacker ein Werk von Chopin spielen. Profi werden? Ja, aber nicht unbedingt sein Leben lang: „Wenn ich die Chance bekomme, würde ich das ein paar Jahre machen.“ Aber er wolle „nicht zu pianistisch unterwegs sein. Karriere machen, da verliert die Musik ihren Sinn.“