Interview mit Hausarzt Dr. Hinrich Kollenrott über die Corona-Situation
bm Lüchow. Steigende Inzidenzen, abgesagte Weihnachtsmärkte und eine ausgeweitete Maskenpflicht: Die Pandemie wütet schlimmer als jemals zuvor. Aktuell sind in Deutschland 68,4 Prozent aller Menschen geimpft. Bis Ende Dezember sollen noch etwa 15 Millionen Deutsche mit Boosterimpfungen versorgt werden. Die Hausärzte stehen vor besonderen Herausforderungen – und das nicht erst seit gestern. Kiebitz sprach mit dem Hausarzt Dr. Hinrich Kollenrott aus Wustrow über den veränderten Alltag in seiner Artpraxis.
Kiebitz: Dr. Kollenrott, wie geht es Ihnen und Ihrem Team in diesen Zeiten?
Kollenrott: Die Situation ist sehr vielschichtig. In 35 Jahren als Hausarzt habe ich so etwas noch nicht erlebt. Nicht in dieser Intensität und auch nicht in dieser Schwere, auch und besonders für meine Mitarbeiter. Ich fange morgens um 6.30 Uhr an und nehme Abstriche. Vorher muss ich mir die Schutzkleidung anziehen. Ich habe in all den Jahren noch nie durch die Nase Abstriche genommen. Das gehört jetzt zu meinem Alltag. Hinzu kommt, dass nur sechs Leute in der Praxis warten dürfen. Die anderen warten draußen oder im Auto.Im Winter ist das nicht schön und für alle belastend.
Haben Sie zwischendurch auch ein Gefühl von Frust gehabt?
Ja, auf jeden Fall. Anfangs dachte ich, mehr als ein oder zwei Wellen wird es nichtgeben. Aber mittlerweile sind wir in der vierten Welle. Das Deprimierende ist, dass alle bisher getroffenen Maßnahmen nicht genug gebracht haben.
Wie gehen Sie mit dem Druck um, möglichst viele Menschen in möglichst kurzer Zeit zu impfen?
Wir mussten auch erst einmal schauen, wie das in den normalen Praxisalltag einzubauen ist. Anfangs wollten wir jeden Tag impfen und im Anschluss die normale Praxis machen. Das hat aber nicht so gut funktioniert. Nun impfen wir immer an einem Tag. Am Anfang stand die Menge der Leute, die geimpft werden wollten, in einem krassen Missverhältnis zur Menge des Impfstoffes. Die erste Impfkampagne war dilettantisch angezettelt und sehr gruselig.
Sie können das Interview am Mittwoch in der EJZ lesen oder in voller Länge hier und auf unserem YouTube-Kanal ansehen.
Wie klappt das mit den Bestellungen der einzelnen Impfdosen?
Anfangs mussten wir immer eine Woche im voraus bestellen. Bis vor Kurzem konnten wir noch in selbst gewählten Mengen Biontec bestellen. Nun bekommen wir höchstens 48 Dosen, der Rest ist Moderna. Das gibt wieder Diskussionen mit Patienten. Das können wir nicht leisten.
Sie sind selbst vor etwa einem Jahr an Corona erkrankt. Wie hat sich diese Infektion, im Vergleich zu einer Grippe, für Sie angefühlt?
Ich bin in meinem ganzen Leben noch niemals so heftig und so lange krank gewesen. Ich weiß von vielen Dingen gar nichts mehr. Die Krankheit lässt sich nicht so einfach abschütteln.