Mehr Hilfsbereitschaft und Wertschätzung

Das Leben mit Corona in England und Australien

bm Regional. Fast hätte es Kristin Hermann nicht mehr in ihre Heimat geschafft, aber dank einer Last-minute-Buchung mit Ryan Air schaffte es die gebürtige Lüchowerin gerade noch rechtzeitig vor Weihnachten aus Manchester zu ihrer Familie nach Lüchow. „Zwei Flüge wurden gecancelt, und ich bin noch kurz vor dem nationalen Lockdown hierher gekommen. Es war etwas abenteuerlich mit den Lockdownregelungen, bis man wirklich im Flieger saß. Das Flugzeug war sehr voll, es wurden sogar Essen und Getränke ausgegeben“, erzählt Hermann, die seit sechs Jahren in Manchester lebt und bei einer Reederei arbeitet. „Ich fühle mich dort sehr wohl, und Manchester hat viele schöne Ecken.“ Viele dieser Ecken konnte sie in diesem Jahr nicht genießen. Trotzdem ist sie zuversichtlich. „Meine Arbeit bringt mir sehr viel Spaß, ich habe nette Kollegen und einen netten Freundeskreis. Natürlich ist es manchmal etwas einsam. Ich bin seit dem Frühjahr im Homeoffice, aber alleinstehende Leute dürfen sich wenigstens mit einem Haushalt treffen.“

Der Zusammenhalt in England sei sehr groß. Eine besondere Wertschätzung würden die Mitarbeiter des National Health Systems erfahren. „Die bekommen eigene Zeiten in den Supermärkten zum Einkaufen. In den Schlangen werden sie vorgelassen und bekommen außerdem viele Vergünstigungen. Alles ein Dankeschön für ihre harte und aufopfernde Arbeit.“

England sei ohnehin bekannt für seine Spendenbereitschaft. „Es gibt viele Charity-Shops und die Hilfsbereitschaft untereinander ist sehr groß.“ Einige Querdenker gäbe es in England auch: „Ich begegne auch öfter Menschen, die keine Masken tragen, aber von vermehrten Demos sogenannter Querdenker habe ich dort nicht so viel mitbekommen. Ich finde es dort nicht so präsent wie in Deutschland. Und wenn etwas aus den deutschen Nachrichten kommt, findet es eher weniger Resonanz.“ Auch für die Kinder gibt es oft kleine Aufmunterungen: „In der Vorweihnachtszeit hingen an vielen Fenstern kleine Geschichten für die Kinder, die sie im Vorbeigehen lesen konnten. Die Kleinen wiederum haben Regenbögen in ihren Fenstern aufgehängt, als ein Symbol der Hoffnung, und seit der Pandemie ein Zeichen des Dankes an alle Angestellten des Gesundheitssystems und systemrelevanten Helfer.“ Kristin Hermanns Flug, der für den 29. Dezember geplant war, wurde storniert. Sie konnte den Flug auf den 3. Januar umbuchen. Mike Hermanns wohnt im australischen Brunswick Heads. Und das seit 2018 – zusammen mit seiner amerikanischen Freundin Jacinta. Kennengelernt hatte der gebürtige Sovener seine Freundin, als er für drei Jahre auf die Walz ging. Der gelernte Zimmermann lebt gerne am anderen Ende der Welt. „Man hat hier immer Arbeit und wir Deutschen genießen einen guten Ruf“, freut sich Mike. Sein kleiner Wohnort sei von Corona verschont geblieben. „Nur im nächsten Städtchen Byron Bay gab es Fälle. Die Krankenhäuser waren hier so gut wie leer. Anders als in Melbourne, die Stadt hat es hart getroffen.“ Denn die Fünf-Millionen-Einwohner-Metropole hat Ende Oktober eine der strengsten und längsten Abriegelungen der Welt überstanden. Die Bewohner waren mehr als drei Monate lang in ihren Häusern quasi eingeschlossen.

Bis vor drei Wochen hätte Australien keine örtlichen Ansteckungen mehr registriert. Die Australier hatten sich auf ein relativ normales Weihnachtsfest mit kaum Einschränkungen gefreut. „Die Grenzen waren wieder offen, und wir durften Partys mit bis zu 100 Personen feiern. Etwas merkwürdig ist es, dass man sich in der Bar hinsetzen muss, wenn man etwas trinkt, draußen aber nicht.“ Masken sind angeraten, aber keine Pflicht, es sei denn, es werde wieder schlimmer, wie unlängst in Melbourne oder Tasmanien. „Aber die Überlegungen, die Grenzen wieder zu schließen, sind da. Die Krankheit wird hier sehr ernst genommen. Es gibt auch keine Demos. Natürlich gibt es Leute, die sich auf keinen Fall impfen lassen möchten. In unserer Gegend leben viele Hippies, die nehmen das alles nicht so ernst.“ Mike lebt gerne in Down Under. In seiner Freizeit geht er gerne surfen oder macht Wanderungen im Regenwald. „Das Leben ist hier viel entspannter.“ Was Mike aber stört, sind die Kontrollen. „Überall muss man seine Daten hinterlassen. Man fühlt sich verfolgt.“

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