Miete im Lockdown

(Noch) keine einheitliche Rechtsprechung für Gewerbemieter

lk Hitzacker. In ihrem heutigen Beitrag für unsere Serie Mietrecht aktuell beschäftigt sich Fachanwältin Barbara Schneeberg aus Hitzacker mit folgendem Fall: Der Vermieter verlangte vom Mieter, einer Filialkette, die vereinbarte monatliche Gewerberaummiete für den Zeitraum, währenddessen die Filialen wegen behördlicher Anordnung aufgrund des coronabedingten Lockdown geschlossen bleiben mussten.

Die Entscheidung: Das Landgericht Zweibrücken vom 11.9.2020 prüfte und verneinte alle in Betracht kommenden rechtlichen Grundlagen für einen Entfall oder eine Herabsetzung der monatlichen Gewerberaummiete. Auch die Störung einer Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB hielt das Gericht nur für diskutabel, wenn der Mieter eine ernsthafte Existenzgefährdung dargetan hätte, was im konkreten Fall zu verneinen war. Das Gericht gelangte somit zu dem Ergebnis, dass im Regelfall unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt ein Recht besteht, die monatliche Gewerberaummietzahlung während einer pandemiebedingten Schließung zu verweigern oder herabzusetzen.

Hinweis: Die Entscheidung des Landgerichts Zweibrücken im Urteil vom 11.9.2020 ist akzeptabel. Zwischenzeitlich hat jedoch das Landgericht München am 22.9.2020 entschieden, dass sehr wohl ein Mietmangel vorliege, wenn das Mietobjekt coronabedingt auf staatliche Anordnungen nicht oder nur eingeschränkt genutzt werden dürfe.

Das Landgericht Zweibrücken vertritt die Rechtsauffassung, dass kein Recht des Gewerberaummieters bestehe, die monatliche Gewerberaummiete zu mindern oder nicht zu zahlen, sofern das angemietete Geschäftslokal aufgrund der behördlichen Anordnung während der Corona-Pandemie vorübergehend geschlossen wurde. Öffentlich-rechtliche Beschränkungen, die ihre Ursache nicht in der konkreten vermieteten Sache haben, stellten keinen Mangel der Mietsache selbst und auch keinen Fall der Unmöglichkeit dar. Das Verwendungsrisiko liege ausschließlich beim Mieter (auch wenn im Mietvertrag ein Mietzweck genannt wurde).

Eine Vertragsanpassung wegen Störung der Geschäftsgrundlage scheide, ohne dass eine nachhaltige Existenzgefährdung des Mieters vorliege, bei vorübergehenden Schließungen ebenfalls aus. Der Umstand, dass sich die Umsatzerwartungen des Mieters zeitweise nicht erfüllten, begründe keinen Anspruch auf Anpassung der geschuldeten monatlichen Miete.

Das Landgericht München stellt hingegen in seinem Urteil vom 22.9.2020 interessanterweise auf vier Entscheidungen des Reichsgerichts aus dem Ersten Weltkrieg ab, wonach das Verbot der Öffnung des Gastgewerbes zu einem Mangel führe. Im Übrigen sei anerkannt, dass öffentlich-rechtliche Beschränkungen als rechtliche Verhältnisse einen Mangel darstellen können, wenn sie sich auf Beschaffenheit, Benutzbarkeit oder Lage der Sache beziehen, wobei es auf den vereinbarten Geschäftszweck ankomme und die Beschränkung grundsätzlich bestehen müsse. Nach der Rechtsauffassung des Landgerichts München konnte der Mietzweck (hier Betreiben eines Möbelgeschäfts) nach den behördlichen Beschränkungen infolge der Pandemie nicht mehr eingehalten werden. Diese Beschränkungen fallen nach Auffassung des Landgerichts München nicht in den Risikobereich des Mieters. Außerdem sah das Landgericht München eine Störung der Geschäftsgrundlage, da die Parteien die Folgen einer eintretenden Corona-Pandemie und staatlicher Infektionsschutzmaßnahmen offenkundig nicht bedacht hatten und so den Vertrag unter diesen Umständen nicht geschlossen hätten. Da zurzeit unterschiedliche gerichtliche Entscheidungen existieren (auch das Landgericht Frankfurt/Main entschied in seinem Urteil vom 2.10.2020, dass die staatlich verordnete Schließung der Verkaufsstätte wegen Covid-19 kein Mietmangel ist und auch kein Wegfall der Geschäftsgrundlage vorliege), wird diese Thematik bald den BGH zu beschäftigen haben.

Die Serie wird fortgesetzt.

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