Ortolans Kinderstube

Landwirte und Naturschützer optimieren

bv Seerau. „Wir sind verantwortlich für den Bruterfolg des Ortolans. Je mehr Bruterfolge, desto besser geht es der Art“, berichtete Bernardy über das PS5-Programm, welches zusammengefasst bedeutet: Fünf Jahre lang wird auf einem geeigneten Schlag extensiv gewirtschaftet, ohne Pflanzenschutz, ohne Düngung und ohne Beregnung. Dreimal in fünf Jahren muss ein Getreide angebaut werden, welches geerntet werden darf. Zweimal wird ein Gemenge – etwa Sommererbsen und ­Hafer – angebaut, welches ­untergeschlegelt wird. Der Ortolan profitiert davon, dass mehr Insekten auf der Fläche zu finden sind, weil keine Pestizide verwendet werden; er profitiert davon, dass mehr Naturwildkräuter auf der Fläche zu finden sind, und dass keine Beregnung stattfindet – diese kann zu Brutverlust ­führen. „Und es darf nicht ­gedüngt werden, sonst dürfte die EU-kofinanzierte Maßnahme nicht gefördert werden“, erläuterte Bernardy. ­Dafür erhält der Landwirt 960 Euro pro Hektar. Arbeitet er mit dem Naturschutz eng zusammen, werden es 100 Euro mehr. Thorsten Behrens aus Kolborn berichtet: „Wir bewirtschaften über 20 Hektar für den Ortolan und wollen das beibehalten. So eine Veranstaltung bietet Informationen, die man sonst nicht ­bekommt“.

Einer, der den Ortolan ­ebenfalls seit vielen Jahren schützt, ist Landwirt Uwe ­Brennenstuhl. Er hat bereits zu Beginn des ersten Ortolan-Programms neun Hektar für den Bodenbrüter zur Verfügung gestellt. „Das sind kleine Flächen, die man schlecht beregnen kann, das ist für uns als Landwirte und für den ­Vogelschutz ideal – einmal einsäen, fertig.“ Seit dem neuen Programm, 2019 aufgelegt, bewirtschaftet Brennenstuhl sogar 50 Hektar extensiv – rund zehn Prozent seiner ­Flächen. Im Mittelpunkt der Begehung stand der Austausch über die Weiterentwicklung und Optimierung des Programms in der nächsten Förderperiode – aus Sicht des Naturschutzes und aus Sicht der Landwirtschaft. Fünf typische Stand­orte wurden dazu besucht, um das Zusammenspiel von Ortolanschutz, Ackerwildkräutervorkommen und landwirtschaftlicher Nutzung zu studieren. Die Artenvielfalt nehme auf derart geschützten Flächen dramatisch zu, berichtete etwa Botanikerin Heinke Kelm. So habe sie dort das Kahle Ferkelkraut und den Lämmersalat gefunden. Da alles mit allem verwoben sei, freue sich nicht nur der Ortolan über geschützte Flächen. Sondern auch der Perlmutterfalter – er braucht das Ackerstiefmütterchen zu seiner Entwicklung. Ist es nicht da, stirbt der Schmetterling aus. Das gilt für viele Insektenarten, die auf eine Pflanzenart angewiesen sind. Der Wegerich-Scheckenfalter etwa ist auf Spitzwegerich angewiesen – und so weiter.

Eingeladen zu den Feldbegehungen zu Ortolanflächen waren Landwirte, aber auch andere Interessierte. Eine Zuhörerin fiel aus der erwarteten Reihe: Komponistin Gabriele Hasler aus Groß Heide. „Ich möchte die Gegend, in die ich gezogen bin, mit anderen Augen wahrnehmen. Mich interessiert das Verhältnis freier Natur zu kultivierter Natur, verbunden mit Naturschutz“, erklärte die Klangkünstlerin.

Die Flächen im aktuellen Programm werden über mindestens fünf Jahre extensiv bewirtschaftet. Die langjährigen Ortolanstreifen entlang von Eichenalleen bilden so den idealen Brutlebensraum für die am Boden brütende Art. Durch die mehrjährigen Verträge können sich Singgemeinschaften über Jahre an derselben Stelle etablieren – das konnte mit kleinen Sendern nachgewiesen werden, so Bernardy. „Der Austausch zwischen Landwirten und Naturschutz ist ein fester ­Bestandteil bei den Schutzbemühungen zum Erhalt des Ortolans und anderer Tier- und Pflanzenarten der Agrarlandschaft“, erklärte Bernardy. „In diesem Jahr werden auf einzelnen Vertragsflächen Düngeversuche durchgeführt mit dem Ziel, einer zu starken Aushagerung der Flächen entgegenzuwirken und günstige Strukturen zur Nestanlage für den Ortolan zu erhalten.“

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