Vermieter stellte ohne Absprache Versorgung ein
lk Hitzacker. In ihrem heutigen Fall für unsere Serie Mietrecht aktuell beschäftigt sich Fachanwältin Barbara Schneeberg aus Hitzacker mit folgendem Thema: Warmwasserversorgung in Mietwohnung ist auch in der Krise Standard.
Der Fall: In einer Wohnanlage mit mehreren Mietwohnungen stellte der Vermieter das Warmwasser ab. Zur Begründung verwies er auf die seit Beginn des Ukraine-Krieges sprunghaft gestiegenen Gaspreise. Den Mietern sei es unbenommen, Warmwasser selbst durch Strombetrieb zu erzeugen. Der Vermieter führte aus, er wolle die Mieter vor einer zu hohen Kostenbelastung schützen. Im Mietvertrag sei auch keine Regelung über die konkrete Ausstattung der Wohnungen enthalten. Der Rechtsanwalt eines Mieters wandte sich an das Liegenschaftsamt der Stadt mit der Anregung, nach § 2 des Hessischen Wohnungsaufsichtsgesetzes einzuschreiten. Nach dieser Vorschrift haben die Gemeinden als Selbstverwaltungsaufgabe auf die Beseitigung von Wohnungsmissständen hinzuwirken.
Das Amt erließ daraufhin einen Bescheid, wonach der Vermieter unter Anordnung der sofortigen Vollziehung verpflichtet wurde, die Warmwasserversorgung wieder herzustellen. Dagegen wandte sich der Vermieter und legte Widerspruch im Verwaltungsverfahren ein. Außerdem stellte er einen verwaltungsgerichtlichen Eilantrag, mit dem er sich gegen den Sofortvollzug wandte und die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs begehrte.
Die Entscheidung: Der Antrag des Vermieters blieb ohne Erfolg. Das Verwaltungsgericht (VG) Frankfurt/Main verwarf die Argumentation des Vermieters mit deutlichen Worten als „abwegige Rechtsauffassung“. Die Warmwasserversorgung gehöre in Deutschland zum Mindeststandard einer Mietwohnung, so das VG Frankfurt/Main. Auch die aktuell durch den Ukraine-Krieg verursachten hohen Gaspreise änderten daran nichts, insbesondere vor dem Hintergrund, da es sich bei den Heizkosten um umlagefähige Betriebskosten handele, durch die wirtschaftlich nicht der Vermieter, sondern die Mieter belastet würden. Der vermieterseits vorgebrachte Schutz der Mieter vor hohen Kosten wurde vom VG als „fadenscheinig und bevormundend“ zurückgewiesen. Das Fehlen von Ausführungen zur Ausstattung der Wohnungen im Mietvertrag sah das VG als unbeachtlich an. Die Warmwasserversorgung gehöre zum vertragsgemäßen Gebrauch und zum Mindeststandard für ein menschenwürdiges Wohnen. Der Vermieter habe laut Auffassung des VG Frankfurt/Main diesen Standard zwingend zu gewährleisten.
Hinweis: Der Entscheidung des VG Frankfurt/Main ist vollumfänglich zuzustimmen. Interessant ist, dass der Fall mit eigentlich mietrechtlichem Hintergrund auf dem Verwaltungsrechtsweg ausgetragen wurde. § 2 des Hessischen Wohnungsaufsichtsgesetzes hat hier eine wirksame Ermächtigungsgrundlage geschaffen, um rechtswidrig handelnde Vermieter zu disziplinieren und dem Mieter auf schnellem Wege durch öffentlich-rechtliche Unterstützung zu seinem Recht zu verhelfen. Die Kostenexplosion bei den Heizkosten durch den Ukraine-Krieg wird die Gerichte sicherlich noch vielfach beschäftigen. Die Spitze wird voraussichtlich im Jahr 2023 erreicht werden, wenn den Mietern die Nebenkostenabrechnung für 2022 zugestellt wird. Die Nebenkostenabrechnung könnte bei dem überwiegenden Teil der Mieter vermutlich exorbitante Nachzahlungen enthalten, da die wenigsten Mieter derzeit vorausschauend ihre monatlichen Vorauszahlungen anpassen.
Die Serie wird fortgesetzt.