Am idyllischen Bösen Ort

Exkursion mit der Loki-Schmidt-Stiftung

bv Schnackenburg. Der Böse Ort wirkt heutzutage eher idyllisch: Eine schier endlose Wiese liegt zu Füßen des Deichs vor den Toren Schnackenburgs und läuft in einer Sandbank aus – dort, wo die Elbe einen Bogen beschreibt. Der Name rührt daher, dass auf der Sandbank, die sich in der Flussschleife angelagert hat, in der Vergangenheit zahlreiche Schiffe aufgelaufen sind – mit bösen Folgen. Heute darf man große Teiles des Areals gar nicht mehr betreten.

Mit einer Ausnahmegenehmigung der Naturschutzbehörde – erteilt im Rahmen der Naturtage Gartow – durften am Donnerstag über 30 Interessierte an einer von der Loki-Schmidt-Stiftung angebotenen Exkursion an den geheimnisvollen Bösen Ort teilnehmen.

Die Fläche bei Schnackenburg liegt in der Aue direkt vor dem Deich. Noch wachsen auf dem Grundstück überwiegend Kiefern, doch im Rahmen des Elbauen-Projekts von der Hamburger Stiftung soll dort ein Hartholz-Auenwald entwickelt werden. Baumarten wie Stieleiche, Wildapfel, Flatter- und Feldulme sind für diesen Standort typisch und breiten sich an einigen Stellen schon jetzt auf natürliche Weise aus. In der Krone einer Kiefer brütet derzeit der Kolkrabe. Weitere typische Arten sind Rotmilan, Schwarzmilan, Grünspecht, Schwarzpappel, Feldmannstreu, Dorniger Hauhechel und Gestreifte Zartschrecke.

Frage an Laura Jürgens und Dr. Kristin Ludewig von der Loki-Schmidt-Stiftung: Warum bieten Sie die Exkursion an? Laura Jürgens: „Wie auch schon Loki Schmidt finden wir es wichtig, Naturschutz nicht im stillen Kämmerchen zu betreiben, sondern alle Menschen zu beteiligen. Insbesondere die, die in der Nähe der jeweiligen Maßnahmen leben und sich eventuell fragen, was da passiert.“ Die Menschen müssten die Möglichkeit haben, in die Natur zu gehen und Kontakt aufzunehmen. „Nur was man kennt, kann man auch lieben und schützen. Der Austausch ist auch für uns immer sehr wertvoll, da gerade Anwohnerinnen und Anwohner häufig besonderes Wissen über die Region und Gegebenheiten vor Ort haben, das man sonst nicht so leicht findet und für den Naturschutz sehr wichtig sein kann. Man lernt von- und miteinander.“

Was ist das Besondere am Bösen Ort? Jürgens: „Dieses Areal wurde in der Vergangenheit landschaftlich komplett von Menschen überformt. Die tiefer gelegene Zone direkt am Wasser sollte ursprünglich als Ackerland genutzt werden, auf dem höher gelegenen Teil wurden Kiefern gepflanzt, denn diese wachsen schnell und halten sich auf dem sandigen Boden von den verschiedenen Baum­arten noch am besten.“ Das Ziel dabei war, möglichst viel Raum landwirtschaftlich zu nutzen. „Das funktioniert aber in einer solchen von Hochwassern geprägten Gegend nur in Maßen und vernachlässigt den Anspruch der Natur und ihrer Funktionen. Heute wird der tiefer gelegene Teil daher als Grünland genutzt, und die höher gelegenen Flächen sollten in Hartholz-Auenwald umgewandelt werden, denn der würde hier natürlicherweise stehen“, erläutert Jürgens.

Auf dem höher gelegenen Sockel würde sich natürlicher Hartholz-Auenwald entwickeln, der eine völlig andere Lebensgemeinschaft ausbildet und andere Funktionen erfüllt als ein Kiefernforst. „Die Artengemeinschaften der Hartholz-Auenwälder sind inzwischen extrem zurückgegangen, weil die Menschen ihre Lebensräume, die in der Regel nur einige Tage im Jahr überflutet werden, durch den Bau von Deichen vom Fluss abschnitten und so entwässerten, sodass sie dort bauen oder besser Landwirtschaft betreiben konnten. Deswegen ist es sehr wichtig, den natürlichen Lebensraum wieder herzustellen“, betont Dr. Kristin Ludewig.

Die Loki-Schmidt-Stiftung ist einer von sechs Verbundpartnern beim Großprojekt MediAN. Dort geht es darum, die Hartholz-Auenwälder und die in ihnen stattfindenden Ökosystemdienstleistungen besser zu erforschen, und vor allem: sie zu schützen.

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