Serie Sammelleidenschaften: Der Lüchower Uwe Rode sammelt (Modell-)Autos
rs Lüchow. „Wir hören nicht auf zu spielen, weil wir alt werden. Wir werden alt, weil wir aufhören zu spielen.“ Dieses Zitat der US-amerikanischen Film- und Bühnenschauspielerin Helen Hayes trifft wohl auf alle Spielzeug-Sammelfans zu.
Corgi, Dinky, Märklin, Matchbox, Siku, Carrera – Tausende Modellautos in allen Farben, in verschiedenen Maßstäben, Nachbauten aus Zink-Druckguss, Resin und Kunststoff aller namhaften Automobilhersteller: Es ist, als hätte sich das Tor zu einem Kindheitstraum geöffnet. Doch anders als in der eigenen Erinnerung befinden sich diese Modellautos nicht lose in Kisten, sondern überwiegend sortiert und vor Staub geschützt in verglasten Setzkästen oder in Originalverpackungen. Der Ort des Geschehens: keine Spielzeugmesse oder ein gut sortiertes Fachgeschäft, sondern das Arbeitszimmer des Lüchowers Uwe Rode. Der Computer scheint sich angesichts des allzu üppig mit Spielwaren bestückten Raumes in einer Ecke zu ducken. Und ja, es ist die Verdinglichung einer Sehnsucht.
„Wir waren froh, mit Margarine-Autos spielen zu können“, erinnert sich Rode, selbst Baujahr 1962, an seine Kindheit. Mit „wir“ meint er seinen älteren Bruder, der mit ihm und ihren Eltern 1966 in die Kreisstadt in ein baufälliges Haus an der Neuen Straße zog. Eine Schwester kam hinzu. „Meine Eltern haben viel gearbeitet. Das meiste wurde in das Haus investiert.“ Oft habe er als Knirps an den Schaufenstern von Neubauer und Hettig gestanden, wo Spielwaren in den Auslagen ausgepreist waren. „Siku-Autos waren gerade so erschwinglich. Aber für die Dinkys“, die wertiger und detailgetreuer waren, „reichte es nicht.“ Wünsche blieben unerfüllt.
Rode wurde älter, ergriff einen Beruf, dem er heute seit 43 Jahren – nunmehr bei Musashi – treu ist. Vergleichsweise kurz verblasste die Leidenschaft zu Modellautos, die es quasi seit 1886, als Carl Benz den Motorwagen erfand, gibt – und welche ab 1920 in großer Stückzahl gefertigt wurden, während er sich mehr den Originalen zuwandte. Doch im Jahr 1984 begann er wieder zu sammeln. „Ich kaufte jeden Monat ein Modell, für etwa 20 D-Mark.“ Er begann Flohmärkte und Modellbörsen zu besuchen, „die früher in jeder größeren Stadt stattfanden. Alles wurde ins Internet verlagert.“ Wenn er ein Stück erwirbt, dann achtet er aber darauf, dass dies unter Katalogpreis geschieht.
So füllte sich sein Haus vom Erdgeschoss bis zum Dachboden, nun, da es wirtschaftlich realisierbar war, mit dem Besitz der Traumautos der Kindheit – auch mit Zubehörteilen, wie etwa Parkhäusern. Es ist die wohl größte Automodellsammlung in der Kiebitz-Region. „Es waren schon einmal über 3 500 Modelle. Derzeit dürften es rund 2 000 sein“, berichtet Rode, der zu jedem Exponat eine Geschichte, technische Daten und vieles mehr parat hält. Sein Wissen wuchs über Jahrzehnte, angereichert durch diverse Gespräche und Fachmagazine, von denen es einst, ebenso wie von den überwiegend männlichen Sammlern, die immer noch auf über 100 000 im Bundesgebiet geschätzt werden, deutlich mehr gab. Die Jugend spiele weniger. Und das, was zum Spielen angeboten werde, sei heute meist von minderer Qualität.
Spezialisiert hat sich Rode bei seinen Modellautos, von denen am Markt über eine Milliarde verschiedener Ausführungen zu haben sind, nicht – weder nach Herstellern, nach Automarke oder nach Maßstab. Daher tummeln sich von 1:87, „das passt zur klassischen H0-Märklin-Eisenbahn“, bis zu 1:12 alle Größen in seinem Haus. Aber es sind ausschließlich Modelle ab den 1950er- bis zu den 1980er-Jahren, die er natürlich wie die großen Vorbilder pflegt. Rode schätzt aber auch die Patina verschiedener Modelle, „dass man sieht, dass sie bespielt wurden“.
Als Wertanlage sieht er seine Modellsammlung, zu der eine weitere mit Blechspielzeug aus dem vorab genannten Zeitraum kam, übrigens nicht, was auch an der stetig schrumpfenden Zahl der Sammler liege. Sicher, einige der Modelle hätten aufgrund ihres Alters oder wegen einer Sonderlackierung beziehungsweise einer fehlerhaften Produktion einen Wert, aber auch der sei eher überschaubar. Wichtiger sei ihm, dass er sich ein Stück der Kindheit erhalten beziehungsweise zurückgeholt habe. Zudem habe er über die Jahre reale Pkw gesammelt. Vor allem ältere Modelle haben es ihm angetan. Über einen 30 Jahre alten Mercedes SL und einen Golf GTI verfügt er noch. Regelmäßig besucht er jedes erreichbare Oldtimertreffen. „Aber der Opel GT im Original bleibt wohl ein Traum.“