„Manchmal ist weniger mehr“

„40“-er-Wimpel: Ungewöhnliche Aktion zur Geschwindigkeitsbegrenzung in Groß Heide

bv Groß Heide. „Manchmal ist weniger mehr“, sagt Karl Molinari lächelnd, als er auf die Wimpel mit der „40“ deutet, die an der Dorfeiche hängen. „Dreißiger-Wimpel wären mir noch lieber gewesen“, betont der sehbehinderte Mann, der mit seinem Blindenhund Finn durch Groß Heide wandert. „30 kennen die Autofahrer, 40 ist doch recht unüblich, man könnte meinen, dass hier demnächst ein 40. Geburtstag gefeiert wird“, mutmaßt Molinari. Allerdings ist das Unübliche gewollt. Es soll Autofahrer kurz aus ihrer Routine holen, soll aufmerksam machen, dass ein Dorf durchquert wird. Ein Dorf, wo viele der Autos über Gebühr zügig unterwegs seien. Und gerade in der dunklen Jahreszeit wäre eine deutliche Geschwindigkeitsbegrenzung sehr wünschenswert, betont Molinari, der unweit der Kreisstraße 1 mit seiner Frau Ingrid lebt.

Die Aktion ist mit keiner Behörde abgesprochen, das Dorf hat sie selber entwickelt. Auch aus Frust, weil es keine Unterstützung seitens der Verwaltung gibt, die Geschwindigkeit unterhalb von 50 km/h zu begrenzen. „Wer jemals an der Straße stand, wenn einer dieser gigantischen Mais-Transporter mit 50 km/h durchs Dorf knallt, der weiß, wie gefährlich diese staatlich genehmigte Höchstgeschwindigkeit sein kann“, betont ein Dorfbewohner, der nicht genannt werden will. Und leider seien sämtliche ambitionierte Versuche, die Geschwindigkeit in Groß Heide zu begrenzen, bisher ins Leere gelaufen, heißt es. Sie seien von der Verwaltung abgeschmettert oder derart abgemildert worden, dass sie verpufften. Dabei sind zu hohe Geschwindigkeiten Unfallursache Nummer eins im Land, wie der ADFC betont: Tempolimits machen demnach einen enormen Unterschied für die Verkehrssicherheit aus und retten Menschenleben. Bei Unfällen mit Tempo 50 sterben sieben von zehn ungeschützten Verkehrsteilnehmenden, bei Tempo 30 überleben neun von zehn. Auch deswegen kam es jetzt zu der skurrilen Wimpel-Variante. Dr. Sibylle Plogstedt hatte die Idee zu der originellen Aktion. Viele hätten begeistert mitgemacht, allerdings nicht ohne tagelange Diskussion in der WhatsApp-Dorfgruppe. „In Groß Heide wollte der Stammtisch des Gasthauses Schulz ein Zeichen setzen gegen Pkw und Lkw, die durchs Dorf rasen. Das Signal ,40 km/h‘ ist ein Kompromiss unter den Beteiligten und bedeutet: Wir freuen uns über alle, die langsamer als 50 fahren“, betont Plogstedt.

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