Mit Rammstein-Keyboarder Flake am Grünen Band

Joey Kelly durchwanderte auch das Wendland – Bildband bei National Geographic erschienen

bv Hitzacker. Der Kolonnenweg, das Symbol der deutschen Teilung, schlängelt sich wie ein nicht enden wollendes grünes Band mitten durch die Republik. Deutschlands größtes Biotop, ein unberührtes Monument mit über 150 Naturschutzgebieten. Joey Kelly, prominentes Mitglied der singenden Großfamilie und Extremsportler, lief das Grüne Band komplett von Anfang bis Ende. Die Ergebnisse veröffentlichte er in einem spektakulären Bildband, soeben bei National Geographic erschienen. Dabei wanderte er auch durch das Wendland, von Neu Darchau über Hitzacker etwa bis Schnackenburg. Auf acht Seiten berichtet er von diesen Eindrücken.

Die sportliche Herausforderung: Vier Jahreszeiten und jeden Tag die Marathondistanz, 42,1 Kilometer. Auf seinem Weg traf er ehemalige Grenzsoldaten, Künstler und Politiker, Freunde und Zeitzeugen. Auch Flüchtlinge, die das schier Unmögliche geschafft haben, wie Wilhelm Jahnke, ehemaliger Lkw-Fahrer aus Hitzacker, der heute im ostelbischen Herrenhof lebt. „Ein lebenslustiger Zeitgenosse, der mich zu seinem selbstgebauten Boot bringt. Wir fahren bei Hitzacker die Elbe hoch und erzählt mir seine fast unglaubliche Fluchtgeschichte.“ „1973 schlüpfte ich in einer nebligen Septembernacht durch ein Loch im Grenzzaun, robbte durch das verminte Deichvorland, vorbei an Selbstschussanlagen und Schäferhunden, hinunter zur Elbe, um in Hose, Pullover und Anorak ins Wasser zu gleiten“, so berichtete Jahnke es 2015 Michael Obert für eine Reportage im National Geographic-Magazin. „Wenn die Grenzer mich gesehen hätten, hätten sie mich mit der Kalaschnikow weggepustet.“ Jahnke kraulte in der Strömung um sein Leben – und kroch drüben in Hitzacker an Land. „Im Westen, in Freiheit.“ Doch sofort kam der Gedanke an den Vater, der den Hof nun ohne ihn bewirtschaften und mit Schikanen rechnen musste. „Der Vater, der hat mir so leidgetan.“

Auf seiner Tour wurde Joey von seinem Sohn Luke begleitet. Luke fuhr das Tourmobil, einen VW T2. Die beiden haben die Bulli-Challenge von Berlin nach Peking gemeistert. „Wenn man über fünf Wochen rund um die Uhr in einem lauten Auto hockt, dann sieht man sich danach entweder nie wieder oder ist richtig dicke. Wir beide sind top eingespielt. Diesmal haben wir einen T2, Baujahr 74, mit 68 PS – ein hervorragendes Mini-Camping-Auto, mit Küchenzeile, Kühlschrank und Dachzelt.“

Auf der Strecke machen Vater und Sohn täglich alle 10 bis 15 Kilometer Treffpunkte aus. „Das ist nicht immer einfach, weil man kaum bis an den Weg des Grünen Bandes rankommt. Luke fährt vor und wartet dann auf mich. Er nutzt die Zeit für Schulsachen und tägliches Training“. Kelly läuft an der Elbe entlang, bis sie einen Knick macht. „Ich laufe durch einen Nadelwald und stehe auf einmal vor einem drei Meter hohen Zaun, mit Stacheldraht verziert. Das berühmte Zwischenlager von Gorleben. Kurz vor unserem Abendbrot spaziere ich mit Luke zum Haupteingang. Der ist gesichert wie Fort Knox. Die Sicherheitsleute geben der Zentrale Bescheid, dass da unten zwei rumstehen. Wir fragen, ob wir morgen mal reinkommen könnten für eine Besichtigung – selbstverständlich nicht.“ Sie treffen die Atomkraftgegner Eva und Michael, schon seit Jahrzehnten in Gorleben aktiv. „Sie hören nicht auf zu mahnen, damit das Thema nie aus der öffentlichen Wahrnehmung verschwindet. Optisch haben sie dafür in Gorleben ein Zeichen gesetzt: Im Wald liegen gelbe Tonne mit dem Radioaktiv-Symbol. Luke und ich sinnieren über unsere weiteren Etappen. Ich telefoniere mit meinem Kumpel Flake Lorenz, den wir bei Salzwedel treffen. Flake will auf jeden Fall ein Stück mitlaufen, er ist der Keyboarder von Rammstein – ein Weltstar, lässt das aber keine Sekunde lang raushängen. Er ist ein bodenständiger Kerl, der genau wie ich gerne lacht und läuft – wir machen einen Tag gemeinsam, auf dem schier unendlichen Kolonnenweg.“

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