Tipps vom großen Bruder

Rolling Stones-Bassist Darryl Jones in Lüchow

bv Lüchow. Peter Oppel aus Graz im fernen Österreich ist schon ganz nervös. Gleich wird er kommen: Darryl Jones, ein Weltstar, seit 30 Jahren Bassist der Rolling Stones, wird in Lüchows Stones-Fan-Museum eine Masterclass für zehn auserwählte Bassisten geben. Oppel freut sich schon seit Langem auf das Event – eigentlich sollte es vor der Pandemie stattfinden. Oppel hat die weiteste Anreise hinter sich. Die kürzeste hat Michael Hett: Der Bass-Neuling wohnt nur einige Häuser vom Museum entfernt.

Plötzlich Aufregung am Donnerstagabend vergangener Woche: Geplagt vom Jetlag, taucht Darryl Jones im Erdgeschoss auf. Er hat tatsächlich im VIP-Raum im ersten Stock ein Schläfchen gemacht. Schröder hat den Bereich extra dafür einrichten lassen: damit ein echter Stone sich dort mal entspannen kann. Angesichts der Aufregung taut der 63-jährige Hüne, den Keith Richards „seinen Bruder“ nennt, schnell auf. Ganz in schwarz gekleidet, die langen Dreadlocks zusammengebunden, beeindruckt Jones mit einer angenehmen Bassstimme.

Lüchows stellvertretende Bürgermeisterin Christine Fricke, aufgeregt wie ein Teenager, bittet den Stone, sich ins Goldene Buch der Stadt einzutragen. Sie begrüßt den Star mit einer Rede auf Deutsch. Am Ende macht die Bürgermeisterin dem Musiker ein Geständnis: „Ich würde gerne sagen: Let‘s spend the night together“, alle lachen. Wer es nicht weiß: Das war ein früher Hit der Stones, Darryl Jones ist begeistert. Dann darf er sich in das Goldene Buch eintragen. Ungläubig fragt er: „The golden Book?“

Gegenfrage: Haben Sie sich schon mal in ein Goldenes Buch eingetragen? „This is the first time“, bekennt er: Es sei sein erstes Mal.

Auch für Ulrich Schröder, den Gründer des Stones-Fan-Museums, ist es das erste Mal, dass ein leibhaftiger Stone die Hallen betritt. Natürlich sind die Kern-Stones nur noch drei – Keith Richards, Mick Jagger und Ron Wood. Aber Keith Richards, Gründungsmitglied der bekanntesten Rock-Band der Welt, definiert den Status wie folgt: „Wer mit uns auf der Bühne steht, ist ein Rolling Stone.“ Er betrachte Jones als seinen „linken Arm“. Und: „Obwohl ich älter bin, ist Darryl so etwas wie ein großer Bruder für mich.“

Im Interview mit dem Kiebitz betont Jones, wie geehrt er sei, dass Richards so über ihn denke – „ich denke genauso über ihn“. Er sei mit allen drei Ur-Stones gut befreundet, man sehe sich auch außerhalb der Tourneen und Zeiten im Tonstudio. Er habe rund 800 Auftritte mit den Stones seit 1993 absolviert. Auf die Frage, warum er ausgerechnet nach Lüchow gekommen sei, sagt Jones: „Because of Ulrick“. Jones betont, dass das Fan-Museum ein „amazing tribute to these gentlemen“ sei, eine überwältigende Hommage an die Herren, mit denen er seit 1993 auf der Bühne stehe – deshalb sei er der Einladung gefolgt.

Danach beginnt die ganz besondere Musikstunde. Alle sind begeistert von Jones‘ Tipps, wie: „Keep it simple: Halte es schlicht. Übe die Läufe, bis du sie im Schlaf kannst, bevor du Verzierungen einbaust.“ Andererseits gelte auch: Perfektion sei der Feind des Guten, so Jones. Und spielt als Beispiel „Sympathy for the devil“ an, einen der größten Hits der Stones. Zuerst lehrbuchartig – und dann die Liveversion: Etwas anders betont, einige Noten einen Halbton tiefer. „Correct is, what you feel“, betont er. Und rät: Bassisten müssten sich im Rock zurücknehmen. „Be real consistent and simple!“ – weniger ist mehr.

Hinterher sind alle, ausnahmslos, beseelt. Jones habe sich viel Zeit genommen, sich in jeden eingefühlt, für jeden ein hilfreiches Wort und einen tollen Tipp gehabt. Peter Bornschein etwa ist aus Leipzig angereist. „Ich vertrete eine große Seite im Internet, ,bass the world‘. Wir haben 100 000 Abonnenten“, erklärt Bornschein. Darryl Jones kennt die Seite, lässt sich mit dem Musiker fotografieren. „Tschüss, war super“, ruft Bornschein Schröder zu, bevor er fährt. Sein Fazit: „Darryl ist ein guter Typ und toller Lehrer.“

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Redaktion Kiebitz 05841/127 422 vogt@ejz.de

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