„Wir haben Brücken gebaut“

Grundschule mit afrikanischer Woche: Senegalesen geben Workshop

bv Gusborn. Was ist denn da los? Auf dem Hof der Grundschule Gusborn sitzen über 100 Schülerinnen und Schüler im Halbkreis, jeder hat eine Trommel vor sich, große und kleine. Auch die Vorschüler der benachbarten Kita dürfen mitmachen. Im Rhythmus schlagen sie auf die Instrumente und erzeugen einen Klang, der durch den ganzen Körper geht – pulsierend, energetisch. Im Zentrum des Halbkreises sitzen die „Griots mit dem heißen Blut“ – der charismatische Nago Koité, sein Bruder Sidy und sein Patensohn Nagolino. Die sind im Wendland keine Unbekannten: Regelmäßig – zumindest bis Corona alles beendete – traten die senegalesischen Tänzer und Musiker in Platenlaase auf und verzauberten dort das Publikum. Einmal im Jahr gaben sie einen Trommelworkshop bei Gerhard Harder in Tüschau. Seit vielen Jahren lebt und arbeitet Nago Koité mit seinem Bruder Sidy in Berlin. Nagolino lebt in Chur in der Schweiz.

Grundschullehrerin Annette Kaese kannte die Familie vom Stamm der Griots von einer Projektwoche. Ihre Idee: Wa­rum nicht mal mit Schülerinnen und Schülern einen Trommel- und Tanz-Workshop wagen und einen Blick über den wendländischen Tellerrand werfen?

Gesagt, getan. Das Kollegium der Grundschule Gusborn konzipierte selbst eine afrikanische Themenwoche. Themen: Tiere des Kontinents wurden aus Ton gebastelt, passende Steckbriefe erstellt, Puppen gebastelt, Geschichten gehört. Und eben der einwöchige Workshop mit Nago, Sidy und Nagolino.

Am Wochenende feierten Schülerinnen, Schüler und Eltern ein afrikanisches Fest zum Abschluss. Höhepunkt: gemeinsames Trommeln und Tanzen. Frage an Nago Koité: Wie war es mit den Schülern? Koité lacht: „Die begegnen uns anfangs schüchtern. Aber sie tauen sehr schnell auf und wollen lernen. Kinder muss man bestärken, sie brauchen viel Selbstvertrauen. Wir sind ein Volk, welches unsere Geschichten von Generation zu Generation mündlich weitergibt“, berichtet der Lehrer. „Ich lebe seit 1985 in Deutschland und will auch hier unsere Tradition verbreiten – am liebsten mit Kindern. Denn die muss man vorbereiten, damit sie viel Mut, Kraft und Ausdauer haben fürs Leben. Und viel Selbstvertrauen. Die Kinder sind der Wahnsinn. Sie nehmen uns ernst und nehmen uns auf. So haben wir die Möglichkeit, ihnen etwas weiterzugeben. Wir arbeiten überall: in Italien, Holland, Frankreich, Belgien, Deutschland. Kinder sind immer sehr interessiert“, berichtet der 65-Jährige, der weitaus jünger wirkt. „Trommeln und Tanzen hält uns am Leben. Jeder weiß, dass die Welt im Moment ein bisschen verrückt ist. Aber wenn wir nur dahin schauen, haben wir nur Angst. Wir müssen und können Fehler korrigieren. Und versuchen, den Kindern Mut zu machen, damit sie das Leben als schön und wertvoll empfinden. Damit sie morgen die Welt weiter dirigieren können.“

Das Fazit von Annette Kaese: „Das Gemeinschaftserlebnis ist so groß, wenn viele Kinder zusammen trommeln – das ist wunderbar.“ Nago habe ein besonderes Talent, die Schüler zu motivieren und bei der Stange zu halten. Kaese ist auch begeistert, wie das kleine Kollegium die Themenwoche umgesetzt hat. „Es war ein großer Gewinn. Afrikanischer Tanz und das Trommeln wirken fördernd auf beide Gehirnhälften. Die Bewegungsabläufe fördern die Konzentrationsfähigkeit, Gesundheit und Freude. Das war direkt spürbar. Sie haben auch Fußball und Verstecken zusammen gespielt. Lernen fand mal ganz anders statt als nur in den gewohnten 45-Minuten-Rhythmen. Und: Wir haben Brücken zu einer ganz anderen Kultur gebaut.“

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