Zu Besuch bei Professor Hans-Jürgen Kaschade

„Stendal ist mein Hobby“

bm Hohenvolkfien. Es ist gar nicht so einfach, einen roten Faden in der Lebensgeschichte von Professor Hans-Jürgen Kaschade zu finden, denn der Hohenvolkfiener hat im Laufe der Jahre so viele Wege beschritten und besitzt einen so großen Wissens- und Erfahrungsschatz, dass man ihm stundenlang zuhören möchte. Und doch gibt es bei allen Projekten, die er gegründet, geleitet oder begleitet hat, ­einen gemeinsamen Nenner: sein Interesse für junge Menschen und deren Förderung. „Vielleicht hängt es damit zusammen, dass ich auf dem Land und damals bildungsfern aufgewachsen bin. Wir waren Flüchtlinge aus Ostpreußen und sind 1945 nach Bad Münder gekommen“, blickt der 81-jährige zurück. Für das Gymnasium reichte das Geld damals nicht, daher besuchte er die Mittelschule. „Ich war ein mieser Schüler, aber immer sehr interessiert.“ Nach seiner Tischlerausbildung begann er ein Studium in Lüneburg an der pädago­gischen Hochschule.

„Über eine Sonderprüfung habe ich die Zulassung bekommen.“ Das zweite Staatsexamen absolvierte er dann an der Sonderschule in Lüchow. Weitere Abschlüsse ­kamen hinzu: als Sozialpädagoge, Gund- und Hauptschullehrer sowie als diplomierter Erziehungswissenschaftler. „Eigentlich wollte ich immer Dorflehrer werden, aber die letzte Dorfschule wurde geschlossen, als ich mit dem Studium fertig war.“ Nach seinem ersten Jahr als Junglehrer schied er bereits aus dem Schuldienst aus, um mit Ehefrau Hermine für ein Jahr in die USA nach Newton in Kansas zu gehen. „Wir haben tagsüber studiert und im Anschluss bis Mitternacht in einer Einrichtung für verhaltens­auffällige Jugendliche gearbeitet.“ Dort habe er gelernt, sich anzupassen. „Anfangs fanden wir die Einrichtung sehr schlecht. Am Ende lautete unser Urteil ganz anders. Man lernt sich selbst am besten kennen, wenn man ganz woanders lebt, und man urteilt anders, wenn man sich anpasst. Eine wichtige Erfahrung.“

Parallel zum Schuldienst war Kaschade als wissenschaftlicher Assistent an der heutigen Ostfalia tätig. Ab 1973 hatte er einen Lehrstuhl für Sonderpädagogik mit dem Schwerpunkt „sprachgeschädigte Kommunikation“ inne. Über das Netzwerk mit der Hochschule in Magdeburg war ­Kaschade von 1991bis 1998 Gründungsbeauftragter und Rektor der Fachhochschule Magdeburg und von 1995 bis 2000 Gründungsbeauftragter und Rektor der Fachhochschule Altmark in Gründung.

1999 schied Kaschade aus dem akademischem Dienst aus. Für sein großes Engagement in Stendal, seinem „Hobby“, wie er es nennt, erhielt er die Ehrenbürgerschaft der Stadt Stendal. „Immerhin kann ich nun die öffentlichen Verkehrsmittel kostenfrei benutzen“, lächelt Kaschade, der bis heute jeweils an zwei Tagen in der Woche in der Altmark ist und dort in seinem Stiftungshaus wohnt, denn zusammen mit seiner Frau gründete er 1995 die H.u.H. Kaschade-Stiftung, die wissenschaftliche Einrichtungen, Kunst, Bildung und herausragende künstlerische Leistungen fördert. Denn Kunst und Kultur zählen Zeit ihres Lebens zu den Leidenschaften des Ehepaars. So gibt es das Literaturhilfswerk, das deutschsprachige Bücher insbesondere nach Osteuropa brachte, aber unter anderem auch nach China und Peru. „Oft sind wir selbst gefahren, mit einem Camper und vielen Büchern.“

Sein Engagement für junge Menschen ist ungebrochen, denn ehrenamtlich ist der Wissenschaftler immer noch in der Existenzgründerberatung tätig. Schließlich war er zu Beginn der 2000er Jahre Geschäftsführer des Innovations- und Gründungszentrums (BIC) Altmark.

Dass der umtriebige Kaschade später auch noch Unternehmer wurde, steht auf einem ganz anderen Blatt: „1999 unterstützte ich den Mann unserer Pflegetochter bei seiner Fensterfirma. Wir gründeten ein neues Unternehmen mit Sitz in Hohenvolkfien.“ Durch seine vielen internationalen Kontakte gründete er auch in Peru eine Firma, die aber mittlerweile weiterverkauft ist. Treu verbunden blieb er Hohenvolkfien, wo er mit seiner Frau seit 1967 wohnt. „Ich bin ein absoluter Landmensch.“

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