Auf des „Admirals“ Spuren

Wissenschaftler forschten nach Gijsels van Lier

kek Lenzen/Elbe. Im brandenburgischen Lenzen verlebte er seinen letzten Lebensabschnitt, tat sich als Abgesandter des Kurfürsten in seiner ­Eigenschaft als Amtmann auf der Burg in vielen Angelegenheiten hervor, stritt sich mit dem Magistrat und bekundete seine Verbundenheit mit den Menschen in der Lenzer ­Wische, bis er dann schließlich 1676 dort starb. Doch ­bestattet worden ist der Holländer gemäß seinem Wunsch bei seinen „lieben Mödlichern“ am Ostgiebel der dortigen Kirche: der ­legendäre „Admiral“, wie er im Volksmund noch immer bekannt ist.

Doch was war Aernoult Gijsels van Lier – so sein richtiger Name – eigentlich für ein Mann? Was machte er vor 1651, als er auf Geheiß des Landesherrn nach Lenzen kam? Und warum gerade in das kleine beschauliche Lenzen? Hatte er Familie? Und überhaupt, stimmt das alles, was man sich über ihn erzählt und was noch immer beharrlich in manchen Medien behauptet wird, dass er zum Beispiel die Deiche in der Wische gebaut hat? Residierte er nun auf der Lenzener Burg, oder lebte er in Mödlich, wie es immer wieder behauptet wurde? Und wie alt ist er ­geworden? 96 Jahre, wenn die Angaben auf seinem Grabstein stimmen – oder „nur“ 83?

Auch bis hin zu einer Sage hat es der tatkräftige Holländer geschafft, der, so die Überlieferung, in höchst ­lebendiger Gestalt rechtzeitig die Mödlicher Einwohner vor Hochwasser und Sturmfluten warnen soll.

Dieses Themas hat sich Prof. Dr. Dr. Dr. Ulrich van der Heyden angenommen. Der verdiente Wissenschaftler im Seminar für Religions- und Missionswissenschaften der Theologischen Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin erforscht seit vielen Jahren die Brandenburgische Missionsgeschichte in Übersee.

Natürlich stieß der Berliner Lehrstuhlinhaber in seinen Forschungen längst auf den verdienten Holländer und nahm sich unlängst vor, auch ihm eine Publikation zu ­widmen.

Umfangreich sind die Ver­öffentlichungen zum Wirken des „Admirals“ in Indonesien und zu dessen Verhältnis zur Ostindischen Kompanie. Wie und warum der Holländer überhaupt in die Mark Brandenburg, die nicht gerade ein Land von Seefahrern war, ­gelangte, ist geklärt.

Doch was war in Lenzen? Briefe des „Admirals“ solle es dort geben – bis dato unver­öffentlichte – und zwar im Lenzener Pfarramt. Auf diese Spur gekommen, reiste Ulrich van der Heyden vor einigen Tagen mit einem anderen Wissenschaftler, mit Dr. Jürgen Becher, der als Leiter des ­Dokumentations- und Informationszentrums der Stiftung Berliner Schlösser und Gärten tätig ist, an. Die beiden Historiker besichtigten „Gijsels Briefe“. Doch zunächst gab es eine Überraschung: Es sind keine Originale. „Es handelt sich hier um Abschriften, die mit Sicherheit von seinem Schreiber angefertigt worden sind, um eine Kopie dessen in den Händen zu behalten, was er an den Kurfürsten gerichtet hatte“, so van der Heyden. Und für den Ethnographen Becher war es klar: „Wir müssen die Schrift untersuchen lassen, um herauszufinden, wann diese Kopien in etwa entstanden sind.“ Schließlich besitzen die Blätter, und das wäre ein weiteres Detail zu ihrer Datierung gewesen, ­keinerlei Wasserzeichen.

Erst einmal werden nun diese bisher unbekannten Hinterlassenschaften gesichtet. Was dabei herauskommen wird, ist noch ungewiss, weil sich das Verfahren nicht ganz einfach durchführen lässt. Doch es gibt noch weitere, bisher noch nicht untersuchte Anhaltspunkte, die vielleicht das Dunkel um den Aufenthalt des Admirals in Lenzen erhellen könnten – insbesondere in familiärer Hinsicht. Eines ist aber klar: Das geplante Buch wird eine bedeutende Lücke in der Literatur zur Geschichte der Prignitz füllen.

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