Die Heide als Heimat

Nemitz: Ausflug zu den Ziegenmelkern

bm Nemitz. Ohne sein Fernglas geht Pit Brützel niemals vor die Tür. Auch im Urlaub oder bei Besuchen hat er den Feldstecher immer dabei. Oft steht er bereits morgens um 5 Uhr auf und geht in die Natur, um Vögel zu beobachten, zu kartieren und zu zählen. Unlängst war der aus Bayern stammende Ornithologe zu Besuch in Lüchow-Dannenberg. Eigentlich ein Familienbesuch, aber „hier gibt es so viele Vogelarten, die wir bei uns nicht haben. Das finde ich schon sehr spannend“, zeigte sich Brützel nach seinem ersten morgendlichen Ausflug begeistert. Immerhin hatte er etwa 30 verschiedene Vogelarten im Umland von Woltersdorf gezählt.

Sein persönlicher Höhepunkt war ein abendlicher Ausflug zu den Ziegenmelkern. Bereits im Vorfeld hatte der Fachmann, der die Arbeitsgemeinschaft der Starnberger Ornithologen leitet, ausgiebig recherchiert, wo man diesen besonderen nachtaktiven Vogel wohl finden könne. „Der Ziegenmelker bevorzugt warm-trockene, offene Landschaften, am liebsten Moore und Heiden, aber auch Kiefernwälder mit großen Freiflächen mag er gerne. In der Nemitzer Heide ist er daher auch heimisch“, berichtete Brützel über das Leben, die Heimat und die Gewohnheiten der Nachtschwalbe.

Mit Einbruch der Dämmerung, nach Sonnenuntergang, ging es in die Heide. Nach einer 20-minütigen Wanderung ohne besondere Vorkommnisse war Brützel etwas enttäuscht. „Ich glaube, es ist zu windig, dann sind sie still.“ Aber plötzlich war es doch zu hören: ein lautes Geräusch – wie ein Schnurren – in scheinbar unmittelbarer Nähe und mitten in der Heidelandschaft, aber in der Nähe des Waldrands. „Phantastisch, er ist wirklich hier“, war der Ornithologe begeistert. Denn die Schwalbenart steht aufgrund ihres stetigen Rückgangs sogar auf der Roten Liste und ist daher an vielen Standorten gar nicht mehr vertreten. „In Südeuropa habe ich sie schon öfter gesehen. Da sitzen sie abends auf der warmen Straße, auf der Suche nach Insekten.“ Das leicht monotone Schnurren sei das Balzgeräusch, erläutert Brützel. Und plötzlich hörte man den drosselgroßen Vogel gleich an mehreren Stellen, über die Heide verteilt. „Es ist allerdings wichtig, ihn nicht zu stören, indem man beispielsweise in die Heide hineingeht. Dort können Nester sein. Man sollte immer auf den Wegen bleiben.“

Zu sehen bekommt man sie nicht oft, denn der besondere Vogel ist durch sein rindenfarbiges Federkleid gut getarnt. Tagsüber sitzen die Ziegenmelker auf Bäumen, am Boden im Heidegras oder auf einem umgefallenen Baum. Dort dösen sie mehr oder weniger vor sich hin. Nachts geht es dann auf die Jagd.

Und woher stammt dieser besondere Name Ziegenmelker? Der wissenschaftliche Name lautet Caprimulgus euopaeus. Er gehört zur Familie der Nachtschwalben. Viele Geschichten ranken sich um den kleinen Vogel. „Früher glaubte man, er suche nachts die Ställe auf, um an den Eutern von Kühen oder Ziegen zu saugen. Dabei ernährt er sich hauptsächlich von Fluginsekten.“

Und plötzlich flog dann doch eines dieser besonderen Tiere aus seiner Deckung auf, um sich woanders im dichten Heidegras niederzulassen. Pit Brützel war begeistert. „Man kann sein Glück auch herausfordern. Man muss nur zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein.“

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